Die Grünen pochen auf die gesetzlich vorgeschriebene Vorlage eines Klimaschutz-Sofortprogramms für den Verkehrssektor. Zwar sei von der Ampel-Koalition eine Änderung des Klimaschutzgesetzes geplant, räumte Grünen-Chef Omid Nouripour am Dienstag in den Sendern RTL und ntv ein, aber "bis dahin gilt das bisherige Gesetz". Der Grünen-Verkehrsexperte Stephan Gelbhaar drohte darüber hinaus mit einer Blockade der vorgesehenen Aufweichung des Klimaschutzgesetzes durch seine Partei im Bundestag.
Nouripour wies darauf hin, dass laut der am Montag veröffentlichten Analyse des Expertenrats für Klimafragen im Verkehrsbereich die Klimaziele 2022 verfehlt worden seien. "Und deshalb braucht es ein Klimasofortprogramm", stellte der Grünen-Vorsitzende klar.
Gelbhaar sagte zudem den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND): "Der Expertenrat verweist zurecht darauf, dass bei der im Koalitionsausschuss vereinbarten Änderung des Klimaschutzgesetzes strikte Vorgaben einzuhalten sind." Deutschland dürfe nicht "sehenden Auges die gesetzlich verbindlichen Pariser Klimavorgaben verletzen oder sogar das Grundgesetz brechen", warnte der Grünen-Politiker unter Verweis auf das Pariser Klimaabkommen.
Die Koalitionsspitzen von SPD, Grünen und FDP hatten sich Ende März in einer Marathon-Sitzung auf eine Änderung des Klimaschutzgesetzes geeinigt. Demnach sollen die strikten jährlichen Sektorziele zum Treibhausgas-Ausstoß etwa für den Verkehr und den Gebäudesektor aufgeweicht werden. Künftig soll es unter anderem möglich sein, Zielverfehlungen in einem Sektor durch Übererfüllung in einem anderen auszugleichen, Gegenmaßnahmen sollen erst frühestens nach zwei Jahren vorgeschrieben sein.
"Das Bundesverfassungsgericht hat sehr deutlich gemacht, dass zu vage Sektorziele oder unklare CO2-Reduktionsvorgaben verfassungswidrig sind", betonte Gelbhaar nun. Einer Reform des Klimaschutzgesetzes, "die gleich wieder in Karlsruhe kassiert wird", werde seine Partei nicht zustimmen.
Nouripour äußerte sich dazu zurückhaltender. Es werde dabei bleiben, dass künftig ein gemeinsames Klimaziel aller Bereiche gelte, sagte der Grünen-Vorsitzende, fügte jedoch hinzu: "Wir haben jetzt etwas miteinander verabredet, aber das muss natürlich auch gesetzeskonform sein, es muss rechtskonform sein."
Zudem seien die Defizite im Verkehr bislang so groß, dass die anderen Sektoren sie nicht ausreichend kompensieren könnten, gab Nouripour weiter zu bedenken. "Das Gesamtergebnis wird nicht zu erreichen sein, wenn im Verkehrsbereich tatsächlich nicht mehr gemacht wird."
Der Vorsitzende des Klima-Expertenrats, Hans-Martin Henning, hatte am Montag ausdrücklich dafür plädiert, wie bisher "jahresscharfe Ziele für jeden Sektor" für die erlaubte Menge an Emissionen festzulegen. Die Vize-Vorsitzende Brigitte Knopf betonte, ohne konkrete Ziele habe die Politik ein "Glaubwürdigkeitsproblem". Eine Änderung verstieße aus Expertensicht wohl auch gegen das wegweisende Klimaschutzurteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2021.
Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner hatte im Namen des Kanzleramts am Montag deutlich gemacht, dass er ein Klimaschutz-Sofortprogramm des Verkehrssektors nicht für erforderlich halte. "Es gibt jetzt eine andere Beschlusslage", sagte der Sprecher.
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