Ungeachtet scharfer Kritik aus den USA wirbt Brasilien weiter dafür, Russland für ein Ende des Ukraine-Kriegs entgegenzukommen.
Brasiliens Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva empfing am Montag (Ortszeit) den russischen Außenminister Sergej Lawrow. Dieser dankte Brasilien "für seinen Beitrag zur Suche nach einer Lösung dieses Konflikts". Aus dem Weißen Haus hieß es, mit seinen Warnungen vor einer weiteren militärischen Unterstützung der Ukraine plappere Brasilien "russische und chinesische Propaganda nach".
Lula empfing Lawrow im Präsidentenpalast in Brasília. Eine Erklärung zu der Unterredung wurde anschließend nicht veröffentlicht. Zuvor hatte Lawrow den brasilianischen Außenminister Mauro Vieira getroffen und mit ihm über Handel und Energie, aber auch über den Ukraine-Krieg gesprochen. Lawrow dankte dem Gastland für das "klare Verständnis" über die Entstehung dieses Konflikts.
"Wir sind daran interessiert, den Konflikt so bald wie möglich zu lösen", sagte Lawrow bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vieira mit Blick auf die Ukraine. Ihm gehe es um eine "dauerhafte und nicht sofortige" Lösung.
Zugleich bekräftigte Lawrow seine Forderung nach einer "multipolaren" Weltordnung. Er warf dem Westen vor, dieser versuche, "die internationale Arena zu dominieren".
Lula dringt auf eine Beendigung des Ukraine-Kriegs, wobei er eine Mitverantwortung der USA und der EU hervorhebt. Während eines Staatsbesuchs in China warf der linksgerichtete Präsident dem Westen am Samstag vor, den Krieg durch Waffenlieferungen an die Ukraine zu verlängern.
Die Vereinigten Staaten müssten "aufhören, den Krieg zu fördern, und anfangen, über Frieden zu reden", sagte Lula in Peking. Auch die Europäische Union müsse "anfangen, über Frieden zu reden".
Wie China stellt sich Brasilien in dem Konflikt als neutrale Partei und potenzieller Vermittler dar. Anders als die westlichen Verbündeten hat Lulas Regierung weder Moskaus Einmarsch in die Ukraine verurteilt noch Sanktionen gegen Russland verhängt. Eine militärische Unterstützung Kiews lehnt Brasilien ab. Außerdem hat Lula die Ukraine zum Verzicht auf die bereits 2014 von Russland annektierte Krim aufgefordert.
Lula will nach eigenen Worten eine "G20 des Friedens" initiieren, also eine Ländergruppe, die auf die Beendigung des Ukraine-Kriegs hinwirken soll. Die russische Regierung vertritt die Ansicht, dass dies nur auf Grundlage einer "neuen Weltordnung" ohne Vorherrschaft der USA erfolgen könne.
In Washington sorgten Lulas Äußerungen für Verärgerung. "In diesem Fall plappert Brasilien russische und chinesische Propaganda nach, ohne sich überhaupt die Fakten anzuschauen", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, am Montag, ohne Lula namentlich zu nennen. Derartige Äußerungen zum Ukraine-Krieg seien "zutiefst problematisch".
Kirby betonte, auch die USA wünschten sich ein Ende des Ukraine-Kriegs. "Das könnte sofort passieren, wenn Putin aufhören würde, die Ukraine anzugreifen, und seine Soldaten abziehen würde."
Der brasilianische Außenminister Vieira wies Kirbys Kritik zurück. Er wisse nicht, wie und warum Kirby "zu dieser Schlussfolgerung gekommen ist. Aber ich stimme keinesfalls mit ihm überein."
Lawrows Besuch in Brasilien erfolgte drei Wochen nach einem Besuch von Lulas wichtigstem außenpolitischen Berater Celso Amorim bei Russlands Staatschef Wladimir Putin in Moskau. Laut russischer Nachrichtenagentur Tass will Lawrow von Brasilien aus in weitere lateinamerikanische Länder reisen, darunter die USA-Gegner Venezuela, Nicaragua und Kuba.
yb © Agence France-Presse