Der
Entwurf, der derzeit im Bundestag beraten wird, geht aus Jaeckels Sicht
„in die richtige Richtung“.
Damit meint er zum Beispiel die
Erleichterungen für eine Zuwanderung ohne formal anerkannte
Berufsqualifikation oder für die Möglichkeit, ein Anerkennungsverfahren
erst in Deutschland anzustoßen. „Allerdings erhöht die konkrete
Ausgestaltung der Regelungen an vielen Stellen die ohnehin schon hohe
Komplexität des Aufenthaltsrechts", kritisiert der
IHK-Hauptgeschäftsführer.
Die Chancenkarte beispielsweise, findet er „vom Grundsatz her gut“. Sie erhöhe aber den Prüfaufwand und damit die „Gefahr, dass sich administrative Prozesse weiter verzögern, statt beschleunigt zu werden“, auch weil die notwendige Digitalisierung der Prozesse nicht absehbar sei. „Wir können uns im internationalen Wettbewerb diese Komplexität einfach nicht leisten“, macht Jaeckel deutlich: „Dann gehen die Fachkräfte in andere Länder, die es ihnen einfacher machen“, zumal schon die deutsche Sprache eine zusätzliche Hürde darstelle.
„Wir
brauchen für Betriebe, Fachkräfte und Verwaltung gleichermaßen
einfache, verständliche und transparente Regeln", fordert Jaeckel
Nachbesserungen am Gesetz. Statt unterschiedlichste Einzelkriterien
und deren Prüfung vorzusehen, sollte „deshalb Unternehmen ein höherer
Ermessensspielraum hinsichtlich der Eignung von Arbeitskräften
eingeräumt werden“, betont der IHK-Hauptgeschäftsführer. „Wenn ein
Unternehmen einwanderungswillige Fachkräfte aus einem Nicht-EU-Land
gefunden hat und bestätigt, dass ein Arbeitsvertrag mit einer
bestimmten zeitlichen Perspektive geschlossen wird, muss es eine
Möglichkeit geben, diese Arbeitskräfte schnell und unbürokratisch in den
Betrieb zu holen“, skizzierte Jaeckel das Ziel.
Dieses
Ziel entspricht auch den Vorstellungen von Alexander Nagel,
Geschäftsführer der Finiglas Veredelungs GmbH (Webpräsenz) aus Dülmen. Auf der Suche
nach weiteren
Fachkräften ist Finiglas in Mazedonien fündig geworden. Von den drei
potenziellen Fachkräften, die er gern ins Münsterland holen würde, ist
inzwischen schon einer abgesprungen, „weil wir ihnen bislang keine
langfristige Perspektive zusichern können und der
bürokratische Aufwand hoch ist“, sagte Nagel. Die beiden verbliebenen
Bewerber würde er gern schnell einstellen und sie dauerhaft an den
Betrieb binden.
Deutlichen
Nachbesserungsbedarf sieht Jaeckel zudem bei der Ausbildung von jungen
Frauen und Männern aus Drittstaaten. „Das Gesetz sollte die Möglichkeit
enthalten, für sechs bis zwölf Monate
nach Deutschland einreisen zu können, um ein Betriebspraktikum zu
absolvieren und sich auf eine Ausbildung vorzubereiten“, fordert der
IHK-Hauptgeschäftsführer. Bis dahin lasse sich prüfen, ob die
Voraussetzungen für einen erfolgreichen Abschluss der Ausbildung
vorliegen oder erreicht werden könnten.
In
diesem Zusammenhang berichtete Hendrik Hemker, Geschäftsführer der
Wecon GmbH Nutzfahrzeuge (Webpräsenz) aus Altenberge, über seine Erfahrungen mit der
gezielten Anwerbung von jungen Frauen und Männern
aus Kamerun, Marokko und aus den Westbalkanländern. Elf von ihnen haben
ihre Ausbildung bei Wecon inzwischen erfolgreich abgeschlossen, 15
weitere werden derzeit ausgebildet. Hemker machte dabei deutlich, wie
wichtig es sei, „dass das ganz Unternehmen mitzieht
und mithilft“, es letztendlich aber immer einen hauptamtlichen Kümmerer
für alle sozialen Fragen und für das Verfahren rund um die
Aufenthaltserlaubnis geben müsse. Als begrenzenden Faktor für die
Fachkräftegewinnung sieht er die Lage auf dem Wohnungsmarkt:
„Es gibt zu wenig bezahlbaren Wohnraum für Auszubildende“, betonte
Hemker.
Trotz seiner Kritik am Gesetzentwurf rät Jaeckel den Unternehmen alle alten und neuen Möglichkeiten zu nutzen, die das Fachkräfteeinwanderungsgesetz bietet. Die IHK werde dabei helfen, mehr Transparenz in den Strukturen der verschiedenen Ansprechpartner herzustellen, und die Unternehmen zu informieren. Dazu diente schon der Fachkräftekongress, der sich neben der Fachkräftegewinnung im Ausland beispielsweise mit der Frage beschäftigte, wie Unternehmen sich als attraktive Arbeitgeber positionieren und wie die Unternehmenskultur dabei helfen kann.
Foto: Alexander Nagel
(l.) von der Finiglas Veredelungs GmbH in Dülmen und Hendrik Hemker (r.)
von der Wecon GmbH Nutzfahrzeuge in Altenberge berichteten beim
IHK-Fachkräftekongress über ihre Erfahrungen
bei der Anwerbung ausländischer Fachkräfte. Eröffnet wurde der Kongress
von IHK-Vizepräsidentin Melanie Baum und IHK-Hauptgeschäftsführer Dr.
Fritz Jaeckel. (IHK)