Trittbrettfahrer Münster. Der
Standort Münster scheint für das börsennotierte, ehemalige landeseigene
Immobilienunternehmen LEG inzwischen zum Problemstandort zu werden. Dies
offensichtlich, weil die LEG Immobilien SE in Münster zu viel alte und
unsanierte Häuser besitzt und deshalb seine hohen Mietpreisziele von 10 €
pro m² nicht erreicht.
Jüngst wurde die Sanierung und selbst die für das Unternehmen
profitable Wohnumfeldverbesserung, Mieterinnen und Mietern als teure
Modernisierung bekannt, in Berg Fidel abgesagt. Werner Szybalski von der
LEG Mieter*innen-Initiative Münster sorgt sich um den Bestand an
günstigem Wohnraum am Berg Fidel: „Wie in anderen Städte auch, könnte
die LEG versuchen, diese knapp 700 Wohnungen mit überdurchschnittlich
günstigen Mieten zu verkaufen. Dies wäre nicht unbedingt eine gute
Nachricht, denn potentielle Käufer dürften nur wenig Interesse an dem
Stadtteil, aber dafür mehr an einer gutenRendite haben.“ Wie durch die Aktionärsversammlung am Mittwoch (17. Mai) in
Düsseldorf bekannt wurde, steht die LEG unter erheblichem Finanzdruck.
Angesichts des mehr als halbierten Aktienwertes, die stark gestiegenen
Zinsen, der hohen Kredittilgung spätestens ab dem kommenden Jahr, der zu
erwartenden Abwertung des eigenen Immobilienbesitzes um mindestens fünf
Prozent und des für Aktionär*innen schmerzhaften Wegfalls einer
Dividende für das vergangenen Geschäftsjahr ist die LEG auf der Suche
nach jedem Euro, der aus der Tasche der Mieter*innen gezogen werden
kann.
So trudeln gerade bei unzähligen LEG-Mieter*innen in Münster
Mieterhöhungsschreiben ein. Praktisch durchgängig versucht die LEG die
höchstmögliche Mietsteigerung – einfache Mieterhöhungen sind gesetzlich
auf maximal 15 Prozent in drei Jahren begrenzt – durchzusetzen. Dabei
wird ein Mix aus berechtigtem Anspruch durch den gestiegenen Mietspiegel
gemäß § 558 BGB und fraglichem Anspruch wegen der „Besonderen
Wohnwertmerkmale“ in der lebenswerten Stadt Münster auf die bestehende
Kaltmiete aufgeschlagen.
Szybalski: „Es werden aktuell bei den mir bisher bekannten Mieterhöhungen Aufschläge von sechs oder sieben Prozent veranschlagt, um diese dann scheinbar ,großzügig` auf generell drei Prozent zu begrenzen. Unter anderem wird wegen dem FMO, einem Seniorenbüro in der Nähe, der ausreichenden Parkplätze in Münster, der sehr guten und emissionsarme Verkehrsanbindung, Supermarkt mit Lieferdienst oder auch Münsters Kneipenlandschaft mehr Miete von der LEG verlangt. „Quasi wie ein Trittbrettfahrer versucht die LEG Münster zu nutzen, um ihre Unternehmensverluste, die mit Sicherheit nicht aus der Vermietung herrühren, zu reduzieren“, schimpft Werner Szybalski, Mitglied des konzernweiten LEG-Kundenbeirats,: „Ich schäme mich fremd, dass unser Vermieter aus der Infrastruktur der Stadt Münster Extraprofite für seine Aktionäre generieren möchte.“
Aber auch der Ton des Schreibens missfällt. „Besonders perfide
ist, dass bereits im Mieterhöhungsschreiben den unwilligen Mieter*innen
aus unserer Sicht offen mit Gerichtsverfahren und Verschlechterung des
Mietverhältnisses gedroht wird. Anscheinend wird Dialog nicht mal in
Betracht gezogen“, ärgert sich Mats Reißberg von der LEG-Initiative
Geist.
Die LEG schreibt: „Wir hoffen, dass Sie der Mieterhöhung
zustimmen. Andernfalls sehen wir uns leider zu einer gerichtlichen
Durchsetzung des Anspruchs gezwungen. Dieses würde das bestehende
Mietverhältnis erheblich belasten und ist von uns keinesfalls gewollt.“
Angesichts der aus Mieter*innensicht unberechtigten und – in Bezug
auf den Mietspiegel in Münster – teilweise falschen Aufschlägen und
häufig fehlenden Abschlägen sei „diese Drohung angesichts des
leergefegten Wohnungsmarktes äußerst mies“, so Werner Szybalski.
Er rät
den LEG-Mieter*innen grundsätzlich zum Widerspruch: „Leider wird die
Mieterhöhung nicht gänzlich zu vermeiden sein, aber nur in seltenen
Fällen muss aus unserer Sicht tatsächlich die geforderte höchste
Erhöhung von den Mieter*innen akzeptiert werden.“
Infos: www.LEGmieter.de
Bildzeilen: Schon vor
mehreren Jahren nahm ein LEG-Mitarbeiter den Schaden, zerstörter alter
PVC-Boden in einer LEG-Mietwohnung, auf. Passiert ist seither nichts.
(Foto: LEG-Mieter-Ini Münster)
Verschiedene „Besondere Wohnwertmerkmale“ aus Gievenbeck und
Münster-Nord als Begründung für die Erhöhung der Miete an die LEG.
(Foto: Ausschnitt aus LEG-Schreiben)
LEG-Mieter*innen-Initiative Münster