Mit ihrem neuen Grundsatzprogramm will die CDU zu früherer Stärke zurückfinden. "35 Prozent muss unser nächstes Ziel sein", sagte der Vorsitzende der CDU-Programmkommission, Carsten Linnemann, am Montag in Berlin mit Blick auf die kommende Bundestagswahl. Die CDU habe die Wahl im Jahr 2021 verloren, "weil wir nicht mehr gut genug waren". Das geplante neue Programm - das vierte in der Geschichte der CDU - solle die Partei "wieder auf die Höhe der Zeit" bringen und "Zielbilder" für die nächsten zehn bis 15 Jahre zeichnen.
Die CDU-Spitze will die Arbeit an dem neuen Parteiprogramm in dieser Woche mit zwei Veranstaltungen vorantreiben. Endgültig verabschiedet werden soll das Programm auf einem Parteitag im Mai 2024.
Am Freitag soll zunächst ein kleiner Parteitag in Berlin zwei programmatische Beschlüsse fassen: auf eher theoretischer Ebene zum Freiheitsbegriff der CDU und auf der Ebene der praktischen Politik zu Maßnahmen gegen Kinderarmut. Damit will die Partei "Leerstellen" füllen, die bei der vergangenen Bundestagswahl sichtbar geworden seien, sagte Generalsekretär Mario Czaja.
Am Samstag dann will die CDU den Programmprozess für die Zivilgesellschaft öffnen und mit parteiexternen Vertretern aus Verbänden, Wissenschaft, Gewerkschaften, Arbeitgebern, Sport und anderen über das neue Programm diskutieren. Dafür hat sie rund 500 Gäste nach Berlin eingeladen.
Linnemann und Czaja betonten in Berlin, dass die CDU ihre Positionen klarer formulieren und ihre Unterschiede zu anderen Parteien herausstreichen wolle - und sich bei der Programmarbeit auch den Umstand zunutze mache, dass sie derzeit in der Opposition ist.
"Wenn Sie in der Opposition sind, sind Sie einfach freier, ein Programm zu schreiben", sagte Linnemann. Die Partei müsse nun keine Rücksicht nehmen auf Koalitionspartner und akute Regierungszwänge. Geplant sei ein Grundsatzprogramm, "bei dem 100 Prozent CDU sichtbar werden, weil wir nicht in einer Koalition sind".
Linnemann betonte, dass das neue Programm weniger als 100 Seiten umfassen werde - und dass die Kernpunkte auf zwei Seiten zusammengefasst werden könnten. Programmatischer Grundgedanke sei die Freiheit des Einzelnen: "Das Individuum steht für uns im Mittelpunkt, nicht das Kollektiv", sagte Linnemann. "Wir versuchen nicht vom Kollektiv, vom Staat her zu sagen, wie der Einzelnen zu laufen hat."
In diesem Punkt sucht die CDU eine klare Abgrenzung zu dem Grünen, einem potenziellen Koalitionspartner nach der nächsten Bundestagswahl. "Vom Gesellschaftsbild, von den Programmen, sind die Grünen sehr weit weg von der CDU", sagte Linnemann. Czaja ergänzte, im Moment sei eine Zusammenarbeit mit den Grünen "ausgesprochen schwer vorstellbar".
Selbstkritisch sagte der Generalsekretär, dass die CDU noch nicht ausreichend von der weit verbreiteten Unzufriedenheit mit der SPD-geführten Bundesregierung profitiere. Dies liege wohl daran, dass "noch nicht allen klar ist, dass wir die richtigen Antworten auf die Fragen der Zeit haben", sagte Czaja. "Daran arbeiten wir in unserem neuen Grundsatzprogramm."
Mit dem Programmkonvent knüpft die CDU an ein Vorbild aus dem Jahr 1976 an, als der damalige Vorsitzende Helmut Kohl der Partei im Austausch mit der Zivilgesellschaft ein moderneres neues Programm verpasste. Auch heute gehe es darum, "die Partei zu öffnen", sagte Czaja. Linnemann erinnerte daran, dass es damals noch bis 1982 dauerte, bis die CDU zurück an der Regierungsspitze kam. "Diesmal sind wir ambitionierter", fügte er hinzu.
pw/bfi
Agence France Presse