Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen

"voll bis übervoll"

Volle Züge und Sanierungen: Bahnreisenden drohen Einschränkungen im Sommer

Volle Züge und umfangreiche Sanierungsarbeiten: Bahnreisende müssen im Sommer mit erheblichen Einschränkungen rechnen. Der Fahrgastverband Pro Bahn rechnet vor allem in den Ferien wegen des Deutschlandtickets mit vollen Bahnen zu beliebten Ausflugszielen, die Bahn selbst verwies auf gesperrte oder teils gesperrte Strecken wegen Sanierungen. Die Nutzung und der Verkauf des 49-Euro-Tickets nahmen unterdessen zuletzt weiter zu, wie der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) am Mittwoch mitteilte.

Schon heute seien viele der Züge ans Meer und in die Berge "voll bis übervoll", sagte der Ehrenvorsitzende von Pro Bahn, Karl-Peter Naumann, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Eine dringend notwendige Aufstockung der Verbindungen auf stark genutzten Strecken sei aber nicht möglich. "Die Bahn kann ihre Verbindungen nicht ausbauen, da es sowohl an Waggons und Personal fehlt, zudem würden die Bahnsteige für längere Züge nicht ausreichen."

Der für das Schienennetz verantwortliche Bahn-Vorstand Berthold Huber verwies zum Thema Einschränkungen auf umfangreiche Sanierungsarbeiten am Bahnnetz in den kommenden Monaten mit Blick auf die Fußball-Europameisterschaft 2024. "Erstmal wird es mühsamer, bevor es gut wird. Anders geht es nicht", sagte er den Magazinen "Stern" und "Capital".

Wichtige Strecken wie Mannheim-Frankfurt oder Hamburg-Berlin würden saniert und für Monate komplett gesperrt, sagte Huber. "Wir machen da nicht nur Gleise, Weichen, Oberbau und Stellwerke neu, sondern erhöhen die Kapazität zusätzlich durch weitere Maßnahmen." Leider seien große Teile des deutschen Schienennetzes über Jahrzehnte auf Verschleiß gefahren worden. Reisende würden voraussichtlich "ab Ende nächsten Jahres sukzessive Verbesserungen spüren", sagte Huber. Bis 2030 sollen "alle wichtigen Korridore" saniert sein.

Zum Deutschlandticket legte der VDV aktuelle Zahlen vor: Demnach nutzten im Juni bereits 9,6 Millionen Fahrgäste das Ticket, im Einführungsmonat Mai waren es neun Millionen. "Wenn sich die Nachfrage weiter so entwickelt, dann werden wir die von der Branche prognostizierten Verkaufszahlen in der nächsten Zeit erreichen", erklärte VDV-Präsident Ingo Wortmann.

Insgesamt wurden mittlerweile elf Millionen Abos verkauft. Davon sind 46 Prozent umgestellte Abos, 44 Prozent neue Abos von Menschen, die den Nahverkehr vorher zum Beispiel mit Einzeltickets oder anderen Zeitkarten nutzten, und acht Prozent Neukundinnen und Neukunden, die den ÖPNV vorher so gut wie nie nutzten. Insgesamt 18 Prozent haben ein Deutschlandticket als Job- oder Firmenticket.

Als häufigste Gründe für den Kauf des Tickets nannten Befragte vor allem die bundesweite Gültigkeit (41 Prozent) und den Preis beziehungsweise die Ersparnis (36 Prozent). 22 Prozent nannten den Umweltschutz. Gründe dagegen waren häufig, dass sich das Ticket nicht lohnen beziehungsweise zu selten genutzt würde (41 Prozent) und dass es keinen Bedarf gebe (38 Prozent).

Zum Preis des Tickets, das mit einem "Einführungspreis" von 49 Euro beworben wurde, erklärte der VDV, die Einführungsphase sei "auf zwei Jahre politisch verabredet" worden. Der Verband geht daher davon aus, dass es in diesem Zeitraum bei 49 Euro bleibt. Im Anschluss sei eine Erhöhung jedoch möglich. Nötig seien außerdem mehr Finanzmittel für ein verbessertes Angebot sowohl auf dem Land als auch in den Städten.

Naumann von Pro Bahn zog eine gemischte Bilanz zum Deutschlandticket. Vor allem "frühere Abonnenten und regelmäßige Bahnfahrgäste" seien umgestiegen und nun meist günstiger unterwegs. Doch das Ticket habe "nicht zu einer großen Verkehrsverlagerung vom Auto auf die Schiene geführt". Hauptgrund dafür sei das mangelnde Angebot außerhalb größerer Städte und in ländlichen Gebieten.

Er forderte - ebenso wie der VDV - dringend einen Ausbau des Bahnangebots. Nur so könnten mehr Kunden gewonnen werden. Zudem müsse der Autoverkehr über höhere Parkkosten und City-Maut-Gebühren verteuert werden.

hcy/ilo


© Agence France-Presse