Vatikan: Kardinal Zuppi hofft auf Rückkehr ukrainischer Kinder Der Sondergesandte des Papstes für die Ukraine und Russland, Kardinal Matteo Zuppi, hat nach seiner Rückkehr aus Moskau Franziskus getroffen. Am Rande der Präsentation eines neuen Friedensbuches von Andrea Riccardi berichtete er in Rom über die ersten Schritte seiner humanitären Mission in Kyiv und Moskau. Roberto Paglialonga und Mario Galgano - Vatikanstadt
Nach seiner Moskau-Reise von vergangener Woche hat Kardinal Zuppi in
Rom gleich mehrere Treffen geführt. Der Sondergesandte des Papstes für
Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine sprach am Dienstag
mit dem ukrainischen Botschafter am Heiligen Stuhl. Wie der ukrainische
Diplomat Andrii Jurasch auf Twitter mitteilte, habe man über
„Konsequenzen“ aus Zuppis Besuchen in Kyiv und Moskau gesprochen. Dabei
sei es um die Rolle des Heiligen Stuhls bei humanitären Fragen gegangen,
„insbesondere um die Befreiung von ukrainischen Gefangenen und die
Rückkehr der geraubten ukrainischen Kinder“. Diese Fragen seien „im
Detail diskutiert“ worden.
„Ja, ich habe den Papst schon getroffen“
Zuppi hatte in der vergangenen Woche in Moskau Gespräche mit hochrangigen Vertretern von Kirche und Staat geführt, darunter mit dem Moskauer Patriarchen Kyrill I. und einem der außenpolitischen Berater von Präsident Wladimir Putin, Jurij Uschakow. Anfang Juni war Zuppi auf Bitten von Papst Franziskus bereits in Kyiv. Dort sondierte er Wege für humanitäre Aktionen und mögliche Dialogkanäle und traf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
„Ja, ich habe den Papst schon getroffen“, bestätigte der Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz zu Beginn seiner Rede anlässlich der Präsentation des Buches „Il grido della pace“ („Der Schrei des Friedens“) von Sant'Egidio-Gründer Andrea Riccardi, die am Dienstagabend am Sitz der katholischen Basisgemeinschaft in Rom stattfand. Zuppi antwortete auf die Frage von Journalisten, ob er den Papst am Ende seiner Missionen in Kyiv und Moskau schon getroffen habe.
Er erklärte, dass die Priorität nun darin bestehe, „sich für die am stärksten Benachteiligten, wie zum Beispiel Kinder, einzusetzen und zu sehen, ob wir den Mechanismus für sie in Gang setzen und die humanitäre Seite unterstützen können. Wir hoffen, dass wir mit den Jüngsten, den Schwächsten, beginnen können. Die Kinder müssen in die Ukraine zurückkehren können." Der nächste Schritt werde also darin bestehen, den Verbleib der Kinder zu überprüfen „und dann zu sehen, wie wir sie zurückholen können, wobei wir mit den schwächsten Kindern beginnen“, so Zuppi.
Ein nützliches Buch
Die Buchpräsentation wurde von Marco Impagliazzo, Präsident der Gemeinschaft Sant'Egidio, moderiert. Der Kardinal betonte, dass „Riccardis Buch heute nützlich ist, weil es uns hilft, ein Bewusstsein für den Moment zu entwickeln, in dem wir leben, es zeigt uns die Fähigkeit, das Netz dessen zu weben, was die ,Tiefe der Geschichte´ ist, und zu verstehen, dass Lösungen für den Krieg in der Komplexität der Realität gesucht werden müssen“. Der Krieg, so fügte er hinzu, „ist immer eine Niederlage für alle“. Aus diesem Grund sei es notwendig, dass „auch die Kirche heute in der Lage ist, zu helfen, wieder mit dem Aufbau des Wir zu beginnen, mit dem Übergang vom Ich zu einem größeren Wir“.
„Krieg ist kein Videospiel"
Andrea Riccardi betonte, es sei an der Zeit, „wieder darüber nachzudenken, was Frieden ist“. Und der Krieg, wie ein Infanterist des Zweiten Weltkriegs zu sagen pflegte, sei „hässlich, weil man im Untergrund endet“. Heute sei der Krieg beängstigend, „ja, aber vielleicht nicht beängstigend genug“, sagte er. Aus diesem Grund müsse heute „die Vorstellung vom Krieg als Videospiel besiegt werden, denn dies führt zu seiner unaufhaltsamen Akzeptanz, zu einer inakzeptablen Vertrautheit mit dem Krieg, fast zu seiner Rehabilitation“.
„Überwinden wir den Konflikt-Diskurs“
Das Problem, so Riccardi weiter, „besteht also darin, ein Gefühl des Entsetzens über den Krieg und einen Impuls für den Frieden wiederzuentdecken“. Aber wo ist die Friedensbewegung, fragte er sich? „Ich weiß es nicht, ich sehe sie nicht“, lautet die Antwort, „aber es sind so viele Fragmente in Bewegung, und wir sind aufgerufen, sie neu zusammenzusetzen, um die Gemeinschaft, das Wir wieder aufzubauen“. Deshalb bräuchten wir von Seiten der Politik „längeres Nachdenken und umfassendere Visionen, wir brauchen eine größere Investition in die Diplomatie. Wir müssen die Geschichte und die Erinnerung aufgreifen, wie die des Zweiten Weltkriegs und der Shoah. Überwinden wir den Konflikt-Diskurs. Es muss eine Kultur des Friedens gepflegt werden, und diese Kultur muss sich unter den Menschen durchsetzen“, so Riccardi.
(vatican news/kna)