Der Bundestag hat das Bundeskartellamt bei dessen Vorgehen gegen
verbraucherschädigendes Verhalten von Unternehmen gestärkt.
Die vom Bundeswirtschaftsministerium angestoßene Reform des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB-Wikipedia) wurde am Donnerstag mit den Stimmen der Ampel-Parteien angenommen. Insbesondere sollen dadurch die Befugnisse des Kartellamts spürbar erweitert werden, um etwa unrechtmäßig erzielte Gewinne abzuschöpfen.
Künftig soll bereits die Vermutung, dass ein Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln "einen wirtschaftlichen Vorteil verursacht hat", ausreichen, um Gewinne abzuschöpfen, wie es im Gesetzestext heißt. Und: "Die Höhe des wirtschaftlichen Vorteils kann geschätzt werden." Bisher musste sie exakt ermittelt werden.
Fairen Wettbewerb erhofft sich die Bundesregierung auch dadurch, dass das Bundeskartellamt künftig im Anschluss an eine Sektorprüfung direkt Maßnahmen anordnen kann. "In Extremfällen" könnten dann sogar Unternehmen zerschlagen werden. Grundsätzlich soll das Kartellamt nicht mehr konkretes wettbewerbsschädigendes Verhalten von Unternehmen nachweisen müssen, sondern bereits bei einer Störung des Marktes aktiv werden können.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklärte, die Novelle sei ein "Meilenstein" und sorge für mehr Wettbewerb insbesondere auf "vermachteten Märkten" mit nur wenigen Anbietern. Dies seien gute Nachricht für die Verbraucherinnen und Verbraucher. "Denn mehr Wettbewerb sorgt für bessere Produkte und niedrigere Preise", betonte Habeck.
Das Wirtschaftsministerium hatte die Reform wegen der rasanten Preissteigerungen für Diesel und Benzin infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine im März 2022 angestoßen. Die Bundesregierung verabschiedete Anfang April ihren Entwurf. Die Ampel-Fraktionen verständigten sich später auf kleinere Änderungen, etwa sollen Einsprüche gegen Kartellamtsentscheidungen eine aufschiebende Wirkung haben, um ungerechtfertigte Eingriffe in den Markt zu verhindern.
Außerdem wurde ergänzt, dass das Kartellamt zunächst die Bedeutung des Unternehmens für den Markt prüfen muss, bevor es eingreifen kann. So soll sichergestellt werden, dass mittelständische Unternehmen nicht benachteiligt werden.
Wirtschaftsverbände waren schon im Frühjahr gegen die Pläne der Bundesregierung Sturm gelaufen. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI-Webpräsenz) warnte vor einer "massiven" Schwächung des Wirtschaftsstandorts Deutschland, der Handelsverband Deutschland (HDE-Webpräsenz) machte "große verfassungs- und rechtsstaatliche Bedenken" geltend. Es drohe behördliche Willkür.
pe/hcy/bfi © Agence France-Presse