Köln - (ots) - Angesichts der Lage in den europäischen Flüchtlingslagern, insbesondere
auf der griechischen Insel Lesbos, fordert der Kölner Erzbischof,
Kardinal Rainer Maria Woelki, das sofortige Handeln der Europäer und
notfalls auch einen deutschen Alleingang.
"Lager wie das auf Lesbos
müssen aufgelöst werden. Es müssen Orte gefunden werden, an denen die
Menschen menschenwürdig leben können", sagte Woelki dem "Kölner
Stadt-Anzeiger" (Mittwoch-Ausgabe). Der Kardinal warnte angesichts der
Bedrohung durch das Coronavirus vor einem Massensterben. "Es ist doch
absehbar: Wenn die Menschen in den Lagern vom Coronavirus betroffen
werden, werden sie hinweggerafft, weil keine Schutzmaßnahmen vorhanden
sind und keine Möglichkeit besteht, die entsprechenden Schutzmaßnahmen
einzuhalten."
Die Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln sind heillos überfüllt.
So leben auf Lesbos 20.000 Menschen auf einem Gelände, das für 3000
Menschen vorgesehen war.
Helfer beklagen die unzureichenden hygienischen
Verhältnisse.
Erstmals wurde am Dienstag im Lager von Ritsona bei
einer aus Afrika stammenden Frau eine Infektion mit dem Coronavirus
festgestellt.
Der Erzbischof erklärte, Europa trage eine große Verantwortung und dürfe
sich "nicht durch unterlassene Hilfe am Leid, vielleicht sogar am Tod
so vieler Menschen mitschuldig machen". Die Zustände in den
Flüchtlingslagern nannte Woelki "eine Schande für Europa".
Er plädierte
dafür, in einem ersten Schritt - wie von der EU bereits erwogen -
"zumindest die Kinder und unbegleiteten Jugendlichen herauszuholen. Aber
auch die anderen dürfen nicht vergessen werden. Die Europäer sollten
zusammenstehen und zeigen, dass sie diese Menschen in Not nicht allein
lassen."
Auch wenn Deutschland das Problem nicht allein lösen könne, solle es
"mit gutem Beispiel vorangehen", so der Erzbischof weiter. Er habe den
Eindruck, "dass unser Land leider manchmal dazu beiträgt, dass andere
EU-Mitglieder wie Italien oder Spanien sich allein gelassen fühlen, weil
sie auch aus Deutschland nicht genug Solidarität und Unterstützung
erfahren". Deutschland müsse jetzt "selbst die Initiative ergreifen,
das sehe ich auf jeden Fall so. Alles, was die Not lindern hilft, ist
jetzt gefordert und geboten."
Foto: Lesbos_Camp Moria_Alea Horst