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Russlands Schwarzmeerflotte führt nach dem Ende des Lebensmittelabkommens scharfe Feuerübungen durch
Nach dem Aus des Getreideabkommens mit der Ukraine hat Russland nach eigenen Angaben eine Marineübung mit scharfer Munition im Schwarzen Meer abgehalten. Die Schwarzmeerflotte ѡ habe im Nordwesten des Meers ein Zielschiff mit Antischiffraketen beschossen und zerstört, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau am Freitag im Onlinedienst Telegram. Die russische Armee beschoss zudem nach ukrainischen Angaben erneut die Hafenstadt Odessa ѡ , dabei seien Silos mit Gerste und Erbsen zerstört worden.
Zu der Schwarzmeer-Marineübung teilte das russische Verteidigungsministerium mit, die Schiffe und Marineflugzeuge hätten auch Maßnahmen zur "Abriegelung des vorübergehend für die Schifffahrt gesperrten Gebiets" ergriffen und das Festhalten eines angreifenden Schiffs erprobt.
Russland hatte am Mittwoch infolge des Auslaufens des Getreideabkommens angekündigt, alle Schiffe im Schwarzen Meer mit dem Ziel Ukraine ab Donnerstag als Schiffe einzustufen, "die potenziell militärische Ladung transportieren". Die Ukraine warnte daraufhin ihrerseits, sie werde ab Freitag um Mitternacht alle Schiffe im Schwarzen Meer mit russischen Zielhäfen als potenzielle Militärtransporte betrachten.
Bei den Angriffen in der vierten Nacht in Folge auf Odessa ѡ am Schwarzen Meer wurden laut dem ukrainischen Regionalgouverneur Oleg Kiper Kalibr-Marschflugkörpern eingesetzt. Ins Visier genommen hätten die russischen Streitkräfte dabei insbesondere Getreidesilos. 100 Tonnen Erbsen und 20 Tonnen Gerste seien zerstört worden, zwei Menschen bei den Angriffen verletzt worden, teilte Kiper mit.
Seit dem Auslaufen des Abkommens zum Export ukrainischen Getreides am Montag hatte Russland nach ukrainischen Angaben wiederholt die Hafenstädte Odessa sowie Mykolajiw angegriffen. Russland hatte diese als "Vergeltungsschläge" bezeichnet und erklärt, dabei seien militärische Ziele ins Visier genommen worden. Beide Städte spielen eine wichtige Rolle für den ukrainischen Getreideexport über das Schwarze Meer.
Russland hatte nach dem Angriff auf die Brücke zur Halbinsel Krim am vergangenen Montag Vergeltung angekündigt. Zu dem Angriff hatten sich der Nachrichtenagentur AFP gegenüber ukrainische Sicherheitskreise bekannt, zum Einsatz kamen dabei demnach Marinedrohnen.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan äußerte sich trotz der jüngsten Entwicklungen zuversichtlich, Kreml-Chef Wladimir Putin von einer Wiederauflage des Getreideabkommens überzeugen zu können. Er denke, dass er "in detaillierten" mit Putin eine Fortführung des Getreideexports erreichen könne, sagte Erdogan der Nachrichtenagentur Anadolu zufolge.
Russland selbst hatte erklärt, es sei bereit, zu dem Abkommen zurückkehren, falls seine Forderungen "vollständig" erfüllt würden. Der Kreml wirft der Ukraine vor, den Seekorridor für den Getreideexport "für militärische Zwecke" genutzt zu haben. Auch beklagt Moskau Beschränkungen für die Ausfuhr russischen Düngers und anderer eigener Agrarprodukte.
Das Getreideabkommen war im Juli 2022 unter Vermittlung der UNO und der Türkei unterschrieben worden. Die Übereinkunft ermöglichte es der Ukraine, trotz des Krieges über das Schwarze Meer Getreide zu exportieren. Im vergangenen Jahr wurden so fast 33 Millionen Tonnen Getreide aus ukrainischen Häfen ausgeführt.
Auch im Osten der Ukraine flog Russland laut ukrainischen Angaben am Freitag Luftangriffe. In der Stadt Kostjantyniwka in der Region Donezk schlugen russische Raketen ein, wie Regionalgouverneur Pawlo Kyrylenko mitteilte. Dabei sei ein Paar getötet worden.
Die Ukraine setzt ihrerseits bei ihrer Gegenoffensive zur Rückeroberung russisch besetzter Gebiete nach US-Angaben inzwischen die von Washington gelieferte Streumunition ѡ ein. Die Streitkräfte der Ukraine verwendeten diese "seit etwa einer Woche", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby. Die ukrainischen Streitkräfte setzten die Munition "angemessen und effektiv" ein.
(Kommentar: Wie geht das: Angemessen Menschen töten?)
Die US-Regierung hatte Anfang Juli die Lieferung von Streumunition an Kiew angekündigt. Deren Einsatz ist umstritten, weil sie dutzende oder gar hunderte kleinere Sprengsätze freisetzt, von denen viele nicht sofort explodieren. Diese können damit noch lange nach ihrem Abwurf Menschen töten oder verletzen und sind deswegen eine besondere Gefahr für die Zivilbevölkerung. Ein 2010 in Kraft getretenes Abkommen verbietet Herstellung, Lagerung, Einsatz und Weitergabe von Streumunition. Allerdings sind weder die USA noch die Ukraine und Russland dem Vertragswerk beigetreten.
Putin bezeichnete die westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine allerdings als "wirkungslos". "Die westlichen Lieferungen von Panzern, Artillerie und Raketen helfen nicht", sagte er am Freitag während einer im Fernsehen übertragenen Sitzung seines Sicherheitsrats.
se/dja
© Agence France-Presse