Kurz vor der Abstimmung über ein zentrales Gesetz der Justizreform in Israel hat US-Präsident Joe Biden die israelische Regierung zu Kompromissbereitschaft aufgerufen.
"Es ergibt keinen Sinn für die israelische Führung, dies zu überstürzen - Ziel sollte sein, die Menschen zusammenzubringen und einen Konsens zu finden", mahnte Biden am Sonntag in einer zuerst vom Nachrichtenportal "Axios" veröffentlichten und später vom Weißen Haus an die Nachrichtenagentur AFP weitergegebenen Erklärung.
"Aus Sicht von Israels Freunden in den Vereinigten Staaten sieht es so aus, als ob der derzeitige Vorschlag zur Justizreform zu mehr Spaltung führt, nicht zu weniger", erklärte Biden weiter.
Das Parlament in Israel, die Knesset, stimmt am Montag über eines der umstrittensten Elemente der Justizreform ab. Dem Obersten Gerichts soll mit der sogenannten Angemessenheitsklausel die Möglichkeit entzogen werden, Regierungsentscheidungen als "unangemessen" einzustufen und außer Kraft zu setzen.
Kritiker fürchten eine willkürliche Besetzung hochrangiger Regierungsposten sowie eine Begünstigung von Korruption. Konkret verdächtigen sie Netanjahu, gegen den ein Korruptionsverfahren läuft, seine Verurteilung abwenden zu wollen.
Sollte der Gesetzesentwurf angenommen werden, wäre die Klausel über die "Angemessenheit" der erste wichtige Bestandteil des Justizumbaus. Weitere Änderungen zielen darauf ab, dass die Regierung mehr Mitspracherecht bei der Ernennung von Richtern erhält.
Die Justizreform der rechtsreligiösen Regierung spaltet die israelische Bevölkerung, seit 29 Wochen protestieren Menschen landesweit gegen das Vorhaben. Auch am Wochenende gingen landesweit Zehntausende seiner Gegner auf die Straße. In Jerusalem campieren Demonstranten aus Protest gegen die geplante Gesetzgebung in Zelten vor der Knesset.
Die Pläne zielen darauf ab, die Befugnisse der Justiz und des Obersten Gerichts einzuschränken und die Stellung des Parlaments und des Ministerpräsidenten zu stärken. Kritiker fürchten infolge der Schwächung der Justiz um die Demokratie in Israel. Befürworter argumentieren hingegen mit einer Wiederherstellung des Gleichgewichts in der Gewaltenteilung.
kas AFP