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"Wir wollen alle als Besucher wiedersehen"

Wenn Museen geschlossen sind - Interview mit Kulturdezernentin


Münster - (lwl) -  Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger ist Kulturdezernentin des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), der seine 18 Museen in der Region wegen der Corona-Krise geschlossen hat.

Frau Rüschoff-Parzinger, was machen eigentlich Museumsleute, wenn die Museen geschlossen haben?

Rüschoff-Parzinger: Schon vor Corona dachten viele Menschen, dass Museumsmitarbeiter am Montag, an dem die meisten Museen weltweit geschlossen haben, frei hätten. Und diese Auffassung ist mir selber, als ich noch Museumsleiterin war, oft begegnet. Aber ein Museum macht so viel mehr als nur Gäste ins Haus zu lassen, Führungen und Vermittlungsprogramme durchzuführen. Museen sind Orte intensiver Arbeit, auch wenn die Häuser für die Öffentlichkeit geschlossen sind. Die Wissenschaftlerinnen, Kuratoren, Restauratorinnen, Handwerker, Hausmeisterinnen, Pädagogen sowie die Mitarbeiterinnen der Presse- und Öffentlichkeit und der Verwaltung arbeiten alle, damit Ausstellungen gezeigt, die Häuser in Stand bleiben, Veranstaltungen geplant und Projekte vorbereitet werden können.

Und das ist erforderlich?

Rüschoff-Parzinger: Es ist sogar dringend erforderlich, dass auch außerhalb der Öffnungszeiten geforscht, renoviert, gebaut, verwaltet, katalogisiert und konzipiert wird. Besonders wichtig sind die digitalen Angebote, und das nicht nur in der momentanen Krisensituation. Digitale Formate machen unsere Häuser und Ausstellungen außerhalb der Öffnungszeiten und unabhängig vom eigenen Standort erfahrbar und überwinden so mögliche Hindernisse, die Menschen von einem Museumsbesuch abhalten.

Werden wir dann in einigen Jahren nur noch digitale Kulturangebote haben?

Rüschoff-Parzinger: Sicher werden wir im Internet noch deutlich präsenter sein. Aber ich glaube fest daran, dass sich das sehr positiv auf unsere Museen auswirkt. Die Sammlungen, die unterschiedlichen Häuser, die Ausstellungen und die besonderen Exponate werden durch eine digitale Präsenz bekannter. Und dann will man die Dinge auch unbedingt mal im Original sehen. Das ist wie mit dem Eiffelturm. Jeder kennt dieses Bauwerk, aber das hält nicht vom Besuch ab, wenn man in Paris ist. Die Kombination von digitaler und realer Welt macht Museen noch interessanter. Und auch die Ausstellungen selbst werden digitaler. Das erleichtert die Vermittlung von oft komplexen, aber spannenden Geschichten.

Wie können Sie und die Kultureinrichtungen während der Corona-Krise helfen?

Rüschoff-Parzinger: Mittlerweile bringen wir viel Kultur ins Internet. Für alle Altersstufen ist etwas dabei. Filme und Puppenspiel für die Kleinsten, Führungen durch Ausstellungen, 3D-Rundgänge durch die Häuser, Erläuterungen zu Exponaten, Diskussionsplattformen, Ausstellungseröffnungen, Vorträge, Buchpräsentationen und vieles mehr wird schon geboten. Dauernd kommen neue Angebote hinzu. So wird es nicht zu langweilig, und man kann sich jeden Tag mit unterschiedlichen Dingen beschäftigen und viel lernen. Dazu haben wir eine Seite geschaltet, die tagesaktuell die Angebote darstellt: http://www.kultur-digital.lwl.org

Wir helfen aber auch ganz praktisch den Kolleginnen in den LWL-Kliniken, den Wohnheimen und in der Verwaltung: Wer gebraucht wird, der hilft und bringt seine Kompetenzen in andere Bereiche des LWL mit ein. Auch wenn in den Museen und in anderen Kultureinrichtungen dann Arbeiten liegenbleibenâ€" Gesundheit hat oberste Priorität. Und die Hilfsbereitschaft ist groß. Denn wir wollen alle unsere Kolleginnen und Kollegen bald wieder als Besucher in den Museen sehen - und zwar gesund.

Titelbild: LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger.
Foto: LWL