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Alarm in der Industrie

Insbesonders in der Autoindustrie ein dickes Minus

ѡ  für Wikipedia  und  Θ für Webpräsenz


Deutschlands Industrie hat die Produktion im Juni stark heruntergefahren. 

Die Produktion im produzierenden Gewerbe sank im Juni um 1,5 Prozent im Vergleich zum Vormonat, in der wichtigen Autoindustrie sogar um 3,5 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden  am Montag mitteilte. Das Bundeswirtschaftsministerium rechnet nicht mit einer baldigen Erholung. 

Politik und Wissenschaft streiten über Rezepte gegen die schwache Wirtschaftsentwicklung.

Im April und Mai war die Industrieproduktion noch stabil geblieben, im Mai etwa ging sie nach neuen Zahlen des Statistischen Bundesamtes um 0,1 Prozent zurück. Im Juni dann fiel die Produktion "spürbar", wie das Wirtschaftsministerium mitteilte.

Im Bereich Kfz und Kfz-Teile sank die Produktion um 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorquartal, im Maschinenbau um 1,3 Prozent, im Baugewerbe um 2,8 Prozent. Positiv wirkte sich dagegen ein kräftiges Wachstum von 7,9 Prozent in der pharmazeutischen Industrie aus, wie die Statistiker mitteilten. Auch in den energieintensiven Industriezweigen stieg die Produktion im Juni, und zwar um 1,1 Prozent. 

Im zweiten Quartal von April bis Juni ging die Produktion im produzierenden Gewerbe damit um 1,3 Prozent im Vergleich zu den drei Monaten davor zurück. "Der Abwärtstrend der Industrieproduktion setzt sich fort", erklärte der Konjunkturexperte der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Jupp Zenzen. Hohe Energiepreise, steigende Zinsen und Fachkräftemangel gepaart mit einer lahmen Weltkonjunktur bremsten die Industrie weiterhin. 

"Auch die Belebung im Juni bei der energieintensiven Industrie ist nur ein schwacher Trost", so Zenzen. Denn hier liege die Produktion um mehr als zwölf Prozent unter dem Vorjahresniveau. 

"Besserung ist derzeit nicht in Sicht. Auch die zweite Jahreshälfte droht schwierig für Industrie und Bau zu werden." Auch das Wirtschaftsministerium warnte, der Ausblick für die Industriekonjunktur bleibe eingetrübt. Angesichts der gedämpften Geschäfts- und Exporterwartungen der Unternehmen sei eine spürbare Erholung derzeit noch nicht absehbar. 

Die Union hatte am Wochenende von der Bundesregierung ein Sofortprogramm zur Stärkung der Konjunktur gefordert. Sie selbst legte ein Fünf-Punkte-Programm mit Steuersenkungen vor. 

Auch Grünen-Chefin Ricarda Lang sieht die Notwendigkeit für ein Regierungspaket zur Stärkung der Wirtschaft. Sie forderte eine Investitionsagenda und einen ermäßigten Industriestrompreis. 

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Verena Hubertz  ѡ   Θ sagte der "Bild"-Zeitung am Montag: "Das beste Rezept ist und bleibt eine aktive Industriepolitik. Rufe nach Konjunkturprogrammen sind viel zu leicht gedacht und lösen nicht unser Problem." Nötig sei ein robuster "Transformationsrahmen", der Investitionen in neue Technologien und zentrale Infrastruktur – ob Strom, Daten und Verkehr – ankurbele, Unsicherheiten reduziere und Bürokratie senke. Sie sprach sich für einen ermäßigten Strompreis für Transformationsindustrien aus.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, wandte sich gegen weitere Subventionen und Steuersenkungen. "Ein Konjunkturprogramm, das der mächtigen Unternehmenslobby lediglich weitere Milliarden schenkt, wäre kontraproduktiv, würde zu Mitnahmeeffekten führen und nichts an den wirtschaftlichen Problemen ändern", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Wichtiger sei "ein langfristig angelegtes Transformationsprogramm, mit einer Investitionsoffensive, einer breit angelegten Entbürokratisierung und einer Stärkung der Sozialsysteme". Fratzscher forderte die Bundesregierung auf,  "ihre engstirnige Obsession mit der Schuldenbremse in diesen Krisenzeiten aufgeben".

ilo/ran

© Agence-France-Presse für OZD