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Offener Brief an Ursula von der Leyen: Die EU – Die Coronakrise spitzt die Schwachstellen zu

Es zeigt sich zunehmend – umsomehr in der Coronakrise - wieviele Schwachstellen und Konstruktionsprobleme die EU hat

An die EU Kommissionspräsidentin

Ursula von der Leyen

Rue de la Loi 200 (Berlaymont-Gebäude)

1049 Bruxelles

Belgien                                                          

 

                                                                                                                                                     Münster

 

Die EU – Die Coronakrise spitzt die Schwachstellen zu

 

Sehr geehrte Frau von der Leyen,

 

Sie und alle anderen Politiker sind derzeit mit der Coronakrise nicht zu beneiden, das ist mir bewusst. In ihrem Falle ist es vielleicht noch unpassender, da Sie erst vor kürzerer Zeit Ihr Amt angetreten haben.

Kurz zu mir:

Ich arbeite als Berater/Coach und bin zudem als BAMF-zertfizierter Dozent in den BAMF-Sprachkursen tätig. Ich unterhalte Kontakte zu Russland, war als Austauschschüler in den USA (später zum Promovieren nochmals kurzzeitig) und habe teils in Paris gelebt. Viele Jahre habe ich an der Universität Münster im Zentrum für Niederlande-Studien gearbeitet. 20 Jahre als freier Journalist für die großen Medien. In meinem Wohnort Münster bin ich seit 3 Jahren im örtlichen Team von Pulse of Europe engagiert. Hier übrigens haben wir in Kundgebungen und anderen Aktionen mehrere Wochen die Bevölkerung aufgerufen zu wählen – die gelisteten Spitzenkandidaten. Nun ist es ja anders gekommen. Wir waren irritiert, aber, das will ich betonen, wir gehen nun mit Ihrer Präsidentschaft - einer Deutschen und einer Frau -  gern d`accord.

 

Allerdings zeigt sich zunehmend – umsomehr in der Coronakrise - wieviele Schwachstellen und Konstruktionsprobleme die EU hat. Das ist sicher nicht Ihr Fehler, aber Sie sind nun aufgerufen, diese Schwachstellen so weit wie möglich zu schließen, zu verbessern und im besten Falle zu reformieren. Da muss ich allerdings sagen, dass ich mir schon ein stärkeres Auftreten von Ihnen gewünscht hätte. Jetzt, zu Beginn der Coronakrise, im Falle von äußerst problematischen Verhaltenweisen einiger Mitgliedsländer, im Falle der Flüchtlingsverteilung, im Falle von Corona-Hilferufen und im Falle von Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit in einigen Ländern. Einige Beispiele:

 

Die Verletzung von Rechtstaatlichkeits-Prinzipien (Ungarn und Polen)

Aktuell ist es Viktor Orban in Ungarn, der mit der Durchsetzung fast unbegrenzter Kompetenzen (mit der Begründung Corona-Krise) endgültig die rote Linie überschritten hat. Dies ist ja eine Entwicklung, die schon länger anhält. Vielleicht ist von Ihnen eine Reaktion gekommen, wenn mein Brief eingetroffen ist. Doch das ist schon zu spat. Ich hätte erwartet, dass die EU-Kommission, Ihre Präsidentin persönlich, 1-2 Tage später eine deutliche und persönliche Warnung an Orban ausgesprochen hätte. Dies war nicht der Fall, nur ein Sprecher sprach eher schwach, so weit ich mich erinnere. Es ist an der hohen Zeit, in das Verfahren der Verletzung der Rechtstaatlichkeit auch Orbans aktuellste Entscheidung - seine Macht in die Nähe des Diktatorischen zu rücken – miteinzubeziehen. Und es so auch offen zu erklären.

 

Das Gleiche gilt für die derzeit anlaufenden Präsidentschaftswahlen in Polen. Die regierende Pis-Partei will gerade im Schatten der Krise eine Briefwahl durchsetzen, obwohl 80 Prozent der Polen dies nicht wollen. Wie in Ungarn will eine populististische Regierung die Gunst der Stunde zu rücksichtslosem Machterhalt nutzen. In diesem Falle, um eine Verschiebung der Wahl zu vermeiden.

 

Warum muss die EU jetzt Kante zeigen? Weil die EU schleichend dabei ist, Ihre Autorität zu verlieren vor den Mitgliedsländern, insbesondere Staaten wie Ungarn und Polen. Jetzt in der Corona-Krise umsomehr, da jetzt schärfere Reaktionen einfach nötig sind. Regierungen wie die in Ungarn und Polen kann man aus meiner Sicht nur genauso klar Grenzen setzen, wie diese sie wiederum verschieben wollen. Durch starken ökonomischen Druck und der Androhung von Kürzungen der EU-Fördermittel. Mir ist bewusst, dass Sie ja Verfahren eingeleitet haben, doch – verzeihen Sie den Ausdruck – das geht oft aus wie das Hornberger Schießen. Die EU muss endlich ihre Sanktionsmöglichkeiten deutlicher einsetzen. Dann, bei Geld, werden diese Länder auch reagieren.

 

Einzelhandlungen der Mitgliedsländer in der Coronakrise (Grenzschließungen)

Ein weiteres Beispiel von eher verzagtem Auftreten. Ich weiß, Sie werden sagen, mir sind die Hände gebunden, die EU ist nun mal immer noch so konstruiert, dass Nationalstaaten am Ende das Sagen haben, wie es auch die deutsche Regierung im Falle des Nachbarn Frankreich gemacht hat. Dennoch wäre auch hier ein schärferes Auftreten der EU nötig gewesen  - rhetorisch und u.U. in anderer Weise (telefonisch, per Mail etc.). Es gibt Zeiten, da ist der höfliche Umgangston unangebracht. In Grenzregionen (wie z.B. zu Tschechien und der Region Grand Est) waren die dort lebenden Menschen regelrecht schockiert, dass die Grenzen plötzlich dicht waren. Dabei nimmt die EU als ganze Schaden.

 

Flüchtlinge (EU)

Es ist erschreckend, dass sich die EU nur so schleppend und zögerlich zu einer Aufnahme bestimmter Kontigente bereiterklärt hat Ja, ich weiß, die EU-Regeln geben hier auch wieder kaum eine echte Handhabe. Dennoch: es gäbe und gibt Möglichkeiten das Regelwerk offensive auszulegen. Ein weiteres Versagen der gesamten EU.
Dann: schon seit Lampedusa kommen regelmäßig Hilferufe aus Italien, dass die EU helfen soll. Es gab viele lauwarme Erklärungen und zum Schluss immer den Satz “Die Flüchtlinge werden in dem Land registriert und erstmal aufgenommen (“zwischengelagert” sozusagen), in dem sie ankommen. Ein Schelm, der sich etwas Böses dabei denkt Damit kann die EU als ganze sich die Hände reinwaschen und sagen “Die Flüchtlinge sind ja in Italien”. Dass Italien aber auch die EU ist (Schengen-Raum) fällt sanft unter den Tisch.

   

Hilfe für Italien (Coronakrise)

In dem Kontext “Hilfe” hat die EU auch ihre eigenen Mitgliedsländer in der Coronakrise teils im Stich gelassen. Das gebeutelte Italien rief - wieder - um Hilfe und wer kam?  Russland und China mit Hilfslieferungen. Was für eine Genugtuung für diese beiden Länder, die ohnehin schnell bereitstehen, Politik als Expansion zu begreifen und die EU lieber destabilisiert sehen.

 

Fazit

Wenn die EU, jetzt noch verstärkt durch die Coronakrise, nicht Stück für Stück erodieren soll, muss darüber nachgedacht werden, bestimmte Länder u.U. auszuschließen - wenn sie Sanktionen nicht umsetzen. Es macht keinen Sinn, in endlosen Diplomatieschleifen Zeit zu verlieren. Das mag grobschlächtig klingen und Sie werden jetzt auch sagen, für solche Maßnahmen haben wir keine Handhabe. Dann müssen Sie es ansprechen, als Drohung. Polen und Ungarn, das kann ich mir nicht vorstellen, würden nicht ernsthaft die EU verlassen und sich wieder in die alten und unkomfortablen Arme Russlands legen.

 

Für die Zukunft würde ich zudem jede Ost-Erweiterung mit Blick auf den Balkanraum auf Eis legen. Länder, welche die Mitgliedschaft anstreben, sollten zunächst nur als assoziierte Länder mit der EU verbunden sein. Bis auf Weiteres. Die EU ist derzeit nicht in der Verfassung für eine weitere Vergrößerung.

 

Freundliche Grüße,

Ihr Dr. Bernd Rasche