Nach dem tödlichen russischen Raketenangriff auf die Stadt Tschernihiw ѡ in der Nordukraine hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine entschlossene Reaktion angekündigt.
"Unsere Soldaten werden Russland eine Antwort auf diesen Terroranschlag geben - eine spürbare Antwort", sagte er am Samstag. Unter den sieben Todesopfern des Raketenangriffs im Stadtzentrum war nach seinen Angaben ein siebenjährige Mädchen.
144 Menschen seien verletzt worden. Die UNO verurteilte die "abscheulichen" Attacke.
Bei dem Beschuss von Tschernihiw sei eine Rakete mitten im Stadtzentrum eingeschlagen, erklärte Selenskyj auf Telegram. Ein Platz, die Polytechnische Universität und ein Theater seien getroffen worden. "Ein gewöhnlicher Samstag, den Russland in einen Tag des Schmerzes und Verlustes verwandelt hat", schrieb er weiter. Unter den 144 Verletzten seien 15 Kinder.
Journalisten der Nachrichtenagentur AFP vor Ort sahen Feuerwehrfahrzeuge vor dem beschädigten Gebäude der Taras-Tschewtschenko-Theater- und Musikakademie. Auch einige andere Gebäude in der Nähe wurden leicht beschädigt.
"Es gab Rauch, Schreie, die Menschen rannten, weinten, stöhnten. Wir sind zum Schutzraum gerannt, als alles passierte, und haben uns dort hingesetzt", sagte die 24-jährige Barkeeperin Iryna. "Ich stehe immer noch ein wenig unter Schock, denn sowas ist schon lange nicht mehr passiert."
Tschernihiw liegt rund 150 Kilometer nördlich von Kiew in Richtung der Grenze zum mit Russland verbündeten Belarus. Russische Streitkräfte waren zu Beginn der Invasion im Februar 2022 durch Tschernihiw marschiert und wurden dann von ukrainischen Kräften zurückgedrängt. Anders als der Osten und der Süden blieb der Norden der Ukraine seitdem weitgehend von heftigen Kämpfen verschont.
Der Angriff auf Tschernihiw erfolgte kurz nachdem der Kreml ein Treffen des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Südrussland mit für die russische Militäroffensive in der Ukraine zuständigen Generälen bekanntgegeben hatte.
Die Vereinten Nationen verurteilten den Raketenangriff am Samstag. "Es ist abscheulich, den Hauptplatz einer großen Stadt am Morgen anzugreifen, während die Menschen spazieren gehen, einige in die Kirche gehen, um einen religiösen Tag für viele Ukrainer zu feiern", erklärte die humanitäre UN-Koordinatorin für die Ukraine, Denise Brown.
Selenskyj sprach unterdessen bei einem Besuch in Schweden über weitere Militärhilfen des EU-Landes. Ein Thema sei die gemeinsamen Produktion von leichten Panzern des Typs CV90 gewesen, schrieb Selenskyj im Onlinedienst Telegram. Zudem seien Tests mit ukrainischen Piloten auf schwedischen Gripen-Kampfflugzeugen angelaufen.
Beide Konfliktparteien erklärten am Samstag, Drohnenangriffe abgewehrt zu haben. Kiew gab an, über Nacht mehr als ein Dutzend russische Drohnen abgeschossen zu haben.
In der Region Nowgorod im Nordwesten Russlands wehrte die russische Armee nach eigenen Angaben einen ukrainischen Drohnenangriff auf einen Militärflugplatz ab. Eine weitere Drohne sei in Richtung Moskau und die Hauptstadtregion abgefeuert und ebenfalls abgeschossen worden. Auch habe das Militär einen ukrainischen Angriff auf die von Moskau annektierte Krim-Halbinsel vereitelt.
Bei einem weiteren ukrainischer Drohnenangriff in der Nacht zum Sonntag wurde nach russischen Angaben ein Bahnhof in Kursk in Westrussland getroffen. Fünf Menschen seien verletzt worden, teilte die Regionalregierung mit. Kursk liegt nur etwa 90 Kilometer von Grenze zur Ukraine entfernt.
Überdies erklärte die russische Armee, etwa 150 ukrainische Soldaten "eliminiert" zu haben, die den Fluss Dnipro überqueren und auf russisch besetztes Gebiet gelangen wollten. Das russische Militär habe eine "feindliche" Einheit von rund 150 Menschen "besiegt". Die ukrainischen Streitkräfte versuchen am Dnipro, Frontlinie im Süden des Landes, in die Verteidigungsanlagen Moskaus einzudringen.
Die ukrainische Gegenoffensive verläuft bislang schleppend. Außenminister Dmytro Kuleba glaubt aber weiterhin fest an einen Erfolg. Der Sieg der ukrainischen Armee werde die "Zweifler" widerlegen, sagte Kuleba mit Blick auf Spekulationen über ein Scheitern der Offensive der "Bild"-Zeitung. "Haben Sie Vertrauen. Haben Sie Geduld. Der Sieg ist harte Arbeit."
bfi © Agence France-Presse