Weil er während der Coronapandemie die Aufhebung der Maskenpflicht an zwei Schulen anordnete, ist ein Thüringer Richter zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Das Landgericht Erfurt sprach den Juristen am Mittwoch der Rechtsbeugung schuldig und verhängte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, wie ein Gerichtssprecher sagte.
Damit blieb das Gericht unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die drei Jahre Haft für den Angeklagten gefordert hatte. Die Verteidigung beantragte Freispruch für den vorläufig suspendierten Richter. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Dagegen kann Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt werden.
Der am Amtsgericht Weimar tätige Familienrichter ordnete im April 2021 an, dass die Kinder an zwei Weimarer Schulen keine Masken mehr tragen müssten und alle Coronamaßnahmen aufgehoben würden. Er begründete seine einstweilige Anordnung mit dem Kindeswohl. Die Entscheidung sorgte bundesweit für Aufsehen.
Die Kammer des Erfurter Landgerichts sah den Vorwurf der Rechtsbeugung als erwiesen an. Der Angeklagte habe im Vorfeld aktiv dafür gesorgt, dass er dieses Verfahren zugewiesen bekam. Nach Auffassung des Gerichts sorgte der Richter unter anderem durch Gespräche mit Eltern oder der Beschaffung von Gutachten zudem dafür, dass er das Verfahren mit dem von ihm gewünschten Ergebnis entscheiden konnte, wie der Gerichtssprecher sagte. Dadurch habe der Richter die gerichtliche Neutralität verletzt.
Der von dem Weimarer Richter erlassene Beschluss war in der Folge gerichtlich wieder aufgehoben worden. Sowohl das Thüringer Oberlandesgericht als auch der Bundesgerichtshof stellten klar, dass Familiengerichte für solche Entscheidungen gar nicht zuständig sind. Über diese Zuständigkeit entschied das Erfurter Landgericht am Mittwoch nicht noch einmal explizit.
hex/cfm © Agence France-Presse