Fahrgäste der Deutschen Bahn (DB) müssen in den kommenden Wochen nicht mit Streiks rechnen:
Die Mitglieder der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) stimmten mehrheitlich für die in einer Schlichtung ausgehandelte Tarifeinigung mit der DB, wie die EVG am Montag mitteilte. Im November stehen dann allerdings Tarifverhandlungen mit der Lokführergewerkschaft GDL an, die bereits hohe Forderungen präsentiert hat.
Die EVG befragte ihre rund 110.000 bei der DB beschäftigten Mitglieder. Rund zwei Drittel (65,3 Prozent) beteiligten sich an der Urabstimmung, 52,3 Prozent stimmten für die Annahme der Schlichterempfehlung "und somit gegen unbefristete Streiks", wie die Gewerkschaft mitteilte. "Damit haben wir einen solidarischen Tarifabschluss, der vor allem den kleineren und mittleren Einkommen ein deutliches Plus von teilweise mehr als 15 Prozent gibt", sagte der EVG-Vorsitzende Martin Burkert.
Das Ende Juli vorgelegte Schlichtungsergebnis sieht in zwei Schritten eine Erhöhung der Gehälter um einen Festbetrag von 410 Euro monatlich vor - 200 Euro im Dezember und 210 Euro im August 2024. Zudem soll es mit dem Oktobergehalt eine steuerfreie Einmalzahlung von 2850 Euro geben. Dazu kommen Sonderregeln für bestimmte Berufsgruppen. Laufen soll der Tarifvertrag bis Ende März 2025.
"Damit ist diese Tarifrunde bei der Deutsche Bahn AG aus unserer Sicht erfolgreich beendet", sagte Burkert. Es handelt sich um die teuerste Tarifanhebung in der Geschichte der Bahn. Mit Blick auf die gleichwohl hohe Zahl von Gegenstimmen sagte Burkert, ein Tarifabschluss sei natürlich "immer ein Kompromiss". EVG-Vize Cosima Ingenschay räumte ein, dass sich die Begeisterung bei den Mitgliedern teilweise "in Grenzen hält", zumal die Unzufriedenheit mit ihren Arbeitsbedingungen bei vielen hoch sei.
Die Deutsche Bahn begrüßte das Abstimmungsergebnis. Personalvorstand Martin Seiler sprach von einer "guten Lösung in herausfordernden Zeiten". Allerdings sei dies ein Abschluss, der "uns wirtschaftlich sehr viel abverlangt". Das Ergebnis gilt für rund 180.000 Mitarbeitende in rund 500 verschiedenen Berufen.
Die Unterhändler der EVG und der DB hatten beide empfohlen, das Schlichtungsergebnis anzunehmen. Laut EVG bedeutet diese im Schnitt eine Lohnerhöhung um 14,5 Prozent bis zum Ende der Laufzeit. Für eine Ablehnung und stattdessen für Streiks wäre eine Mehrheit von 75 Prozent der EVG-Mitglieder erforderlich gewesen.
Bahn und EVG hatten sich nach monatelang erfolglosen Tarifverhandlungen und Warnstreiks im Juni auf eine Schlichtung verständigt. Die EVG hatte ursprünglich zwölf Prozent, mindestens jedoch monatlich 600 Euro mehr Lohn für die Beschäftigten der bundeseigenen Deutschen Bahn verlangt.
Die Tarifverträge der Bahn mit der Konkurrenzgewerkschaft GDL laufen noch bis Ende Oktober. Die Lokführergewerkschaft hatte Anfang Juni ihrer Forderungen vorgelegt. Sie verlangt mindestens 555 Euro mehr im Monat, eine steuerfreie Inflationsprämie von 3000 Euro sowie eine Erhöhung der Zulagen für Schichtarbeit um 25 Prozent. Dazu kommen eine Absenkung der Arbeitszeit von 38 auf 35 Stunden für Beschäftigte im Schichtdienst. Die Laufzeit soll ein Jahr betragen.
bk/cha © Agence France-Presse