Das Jüdisch-Mittelalterliche Erbe in Erfurt ist in die Liste des Unesco-Welterbes ѡ aufgenommen worden.
Das beschloss das zuständige Welterbekomitee am Sonntag bei seiner Tagung in der saudiarabischen Hauptstadt Riad, wie die Unesco mitteilte. Die Alte Synagoge, die Mikwe - ein jüdisches Ritualbad - und das Steinerne Haus bilden damit die 52. Welterbestätte in Deutschland. Die Unesco nahm außerdem eine Ausgrabungsstätte nahe Jericho im Westjordanland sowie Naturerbestätten in Martinique und der Republik Kongo in ihre Welterbeliste auf.
Die Synagoge, deren Geschichte bis ins 11. Jahrhundert zurückreicht, gilt als eine der ältesten, größten und am besten erhaltenen Synagogen Europas. Die Mikwe gehört zu den wenigen erhaltenen Beispielen mittelalterlicher Gemeinde-Mikwen. Bei dem Steinernen Haus handelt es sich um ein historisches Wohngebäude.
"Es ist die wunderbare Krönung einer jahrelangen, akribischen Vorbereitung", erklärte Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD). "Jetzt, da Erfurt mit dem Welterbetitel geadelt wurde, müssen und werden wir diesen Schatz hüten und wahren wie unseren Augapfel."
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) erklärte, der Welterbe-Titel stärke "das gemeinsame Bemühen von Stadt und Land, diese historischen Stätten zu erhalten und ihre wechselvolle Geschichte öffentlich zu vermitteln." Die Auszeichnung erinnere einmal mehr daran, "wie notwendig es ist, Hass und Gewalt gegen Jüdinnen und Juden jederzeit entschieden entgegenzutreten".
Die baulichen Zeugnisse der jüdischen Gemeinde aus dem Mittelalter stehen für Aufstieg, Blüte und Auslöschung der beiden jüdischen Gemeinden mit dem Pogrom im Jahr 1349 und gut hundert Jahre später mit der Ausweisung der jüdischen Bevölkerung durch den Stadtrat.
Die Synagoge war nach dem Pogrom 1349 mehrere hundert Jahre lang ein Lagerhaus und wurde später als Gastwirtschaft genutzt. 1998 kaufte die Stadt Erfurt das Haus und sanierte es. Heute ist es ein Museum. Auch die Mikwe war in Vergessenheit geraten, erst im Jahr 2007 wurde sie wiederentdeckt.
"Die jüdischen Monumente Erfurts waren über Jahrhunderte fast vergessen", erklärte die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer. "Ihre Wiederentdeckung ist ein großes Geschenk."
Bei seiner Sitzung in Riad zeichnete das Welterbekomitee am Sonntag außerdem die nahe der Stadt Jericho im Westjordanland gelegene archäologische Ausgrabungsstätte Tell es-Sultan als Welterbestätte aus. Als "älteste befestigte Stadt der Welt" stehe sie nun zu Recht auf der Unesco-Liste, erklärte die palästinensische Tourismusministerin Rula Maajah. Nach Angaben der Unesco hatte sich Tell es-Sultan zwischen dem neunten und achten Jahrhundert vor Christus zu einer dauerhaft bewohnten Siedlung entwickelt.
Neu auf der Unesco-Liste stehen außerdem die Vulkane und Wälder auf der französischen Karibikinsel Martinique sowie das Waldmassiv in der Republik Kongo. Der Mont Pelée und die Pitons im Norden von Martinique erstrecken sich über eine Fläche von 13.980 Hektar, etwa zwölf Prozent der Insel. Der Ausbruch des Mont Pelée im Mai 1902 tötete fast 28.000 Menschen. Mehr als hundert Jahre nach dem Ausbruch unterliegt der nach wie vor aktive Vulkan ständiger Beobachtung.
Der Odzala-Nationalpark in der Republik Kongo ist Heimat zahlreicher vom Aussterben bedrohter Tierarten, darunter eine große Gorilla-Population.
Das Welterbekomitee tagt noch bis zum 25. September in Riad. Auf der Liste des Unesco-Welterbes stehen derzeit mehr als 1.100 Kultur- und Naturstätten in 167 Ländern. 56 davon gelten als bedroht.
bfi/se Bernd FISCHALECK / © Agence France-Presse