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Papst in Sorge - Frankreich nimmt keine Flüchtlinge mehr auf

Papst macht sich mit dramatischen Worten für Flüchtlinge stark

Papst Franziskus hat in Marseille mit dramatischen Worten für eine bessere Aufnahme von Flüchtlingen in Europa geworben. "Diejenigen, die ihr Leben auf dem Meer riskieren, sind keine Invasoren, sie suchen Aufnahme", sagte der Papst am Samstag in der südfranzösischen Hafenstadt. Migration sei ein Prozess, "der mit kluger Weitsicht gestaltet werden muss: mit einer europäischen Verantwortung".

Das Mittelmeer rufe nach Gerechtigkeit, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche. "An seinen Ufern herrschen auf der einen Seite Überfluss, Konsum und Verschwendung, auf der anderen Seite hingegen Armut." Der "Schmerzensschrei" der Migranten, die auf ihrer Flucht ertrinken, mache das Mittelmeer, die Wiege der Zivilisation, zum "Grab der Menschenwürde".

Die Schwierigkeiten Europas bei der Aufnahme und Integration "unerwarteter Menschen" seien nicht zu übersehen, sagte der Papst in seiner Rede, bei der auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und EU-Migrationskommissar Margaritis Schinas anwesend waren. "Aber das Hauptkriterium kann nicht der Erhalt des eigenen Wohlstandes sein, sondern vielmehr die Wahrung der Menschenwürde."

Die Lösung bestehe nicht in der Ablehnung, sondern "in der Sicherstellung einer Vielzahl von legalen und regulären Einreisemöglichkeiten", sagte der 86-Jährige weiter. Ziel müsse eine "ausgewogene Aufnahme in Europa in Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern" sein.

"Lassen wir uns von der Geschichte unserer vielen Brüder und Schwestern in Not berühren, die das Recht haben, sowohl auszuwandern als auch nicht auszuwandern", mahnte Franziskus. "Die Geschichte verlangt von uns ein Aufrütteln des Gewissens, um einem Schiffbruch der Zivilisation vorzubeugen."

Der Papst hat seinen zweitägigen Besuch in Marseille ausdrücklich dem Schicksal der Flüchtlinge gewidmet. Am Vorabend hatte er sich in einer Gedenkfeier für die im Mittelmeer ertrunkenen Migranten für die Seenotrettung stark gemacht. Sie sei eine "Pflicht der Menschlichkeit", betonte er in Anspielung auf die zunehmenden Schwierigkeiten von Hilfsorganisationen, mit geretteten Migranten einen Hafen anzulaufen. In diesem Jahr sind bereits mehr als 2000 Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer gestorben. 

Der lange geplante Besuch, der ein Treffen von Bischöfen und jungen Menschen aus Mittelmeer-Anrainerstaaten in Marseille beschließt, fällt mit der jüngsten Flüchtlingskrise auf der italienischen Insel Lampedusa und der Debatte über ein neues Einwanderungsgesetz in Frankreich zusammen.

Frankreich "wird keine Flüchtlinge aufnehmen", hatte Innenminister Gérald Darmanin kürzlich mit Blick auf die Tausenden in Lampedusa eingetroffenen Migranten aus Afrika gesagt. Er gehe davon aus, dass die meisten ohnehin kein Recht auf Asyl hätten, erklärte er und bot Italien an, bei der Rückführung zu helfen.

Franziskus kritisierte zudem die Sterbehilfe, über die in Frankreich derzeit debattiert wird. Die Regierung plant eine gesetzliche Neuregelung, die den Zugang zu Sterbehilfe erleichtern könnte. "Wer hört sich die Klagen der einsamen alten Menschen an, die, anstatt Wertschätzung zu erfahren, aufs Abstellgleis geschoben werden, mit der trügerischen Aussicht auf einen süßen Tod, der in Wirklichkeit salziger ist als das Wasser des Meeres?", sagte der Papst. 

Macron traf anschließend mit dem Papst unter vier Augen zusammen. Bei dem Gespräch sollte es ebenfalls um Einwanderung, aber auch um die Lage in der Ukraine und im Sahel gehen, hatte der Elysée erklärt. 

Der Präsident will auch an der Abschlussmesse am Nachmittag im Vélodrome von Marseille teilnehmen, zu der knapp 60.000 Menschen erwartet werden. Die Anwesenheit Macrons bei der Messe hatte Kritik der linken Opposition ausgelöst, die dadurch die strenge Trennung von Staat und Kirche in Frankreich verletzt sieht. Allerdings hatten linke Oppositionspolitiker sich mit Blick auf die Flüchtlinge auch auf die Seite von Franziskus gestellt und Macron gemahnt, in dieser Frage auf den Papst zu hören. 

kol/jes Clément Melki und Ulrike Koltermann / © Agence France-Presse


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