"Aus meiner Sicht ist das eine Möglichkeit, Schleuserkriminalität härter zu bekämpfen", sagte sie der "Welt am Sonntag". Die Union forderte Faeser zu einer Entscheidung und einer klaren Festlegung auf. Die Grünen kritisierten derweil die Idee.
In der "Welt am Sonntag" sagte Faeser, es gehe ihr darum, "pragmatisch" zu handeln. "Solche zusätzlichen Kontrollen müssen mit der Überwachung des gesamten Grenzgebiets durch die Schleierfahndung gut zusammen greifen".
"Man sollte aber nicht suggerieren, dass keine Asylbewerber mehr kommen, sobald es stationäre Grenzkontrollen gibt", betonte die Ministerin zugleich. Wenn jemand an der Grenze um Asyl bitte, dann müsse der Antrag in Deutschland geprüft werden, dies sei "eine klare rechtliche Verpflichtung". Zudem müssten stationäre Kontrollen bei der EU-Kommission "notifiziert" werden.
Die Union kritisierte Faesers Aussagen als unklar. Deren innenpolitischer Sprecher im Bundestag, Alexander Throm (CDU), sprach von einer "Nebelkerze", die sie im Zusammenhang mit dem hessischen Landtagswahlkampf zünde. Dort tritt Faeser als Spitzenkandidatin der SPD an. Die Ministerin müsse "unverzüglich Klarheit über ihre Position" schaffen, erklärte der Oppositionspolitiker in Berlin: "Kommen jetzt europäisch notifizierte Grenzkontrollen entlang der Grenzen zu Polen und Tschechien oder nicht"?
In der Berliner Ampel-Koalition wurde die Debatte um stationäre Kontrollen zurückhaltend aufgenommen. "Ich kann nur davor warnen, die Grenzkontrollen auf Polen und Tschechien auszuweiten", sagte Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter der Funke-Mediengruppe. "Die Abschaffung der Binnengrenzen in Europa sei "ein historischer Erfolg, den wir nicht zurückdrehen dürfen".
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag, Irene Mihalic, verwies parallel auf "große Zweifel an der Praktikabilität" von stationären Grenzkontrollen. Diese seien sehr personalintensiv, sagte sie dem "Tagesspiegel". Bundespolizistinnen und Bundespolizisten müssten im Fall der Einführung etwa von Bahnhöfen oder Flughäfen abgezogen werden.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Stephan Thomae, bezeichnete die Ausweitung stationärer Kontrollen auf die Grenzen zu Polen und Tschechien im "Handelsblatt" als "äußerstes Mittel". Diese müssten zudem "in jedem Fall zeitlich begrenzt" sein, vordringlich sei aus seiner Sicht eine deutliche Ausweitung der Schleierfahndung im Grenzraum.
Kritische Stimmen kamen auch aus der Wirtschaft. "Der Groß- und Außenhandel lebt vom freien Warenverkehr, zusätzliche Hemmnisse sind kontraproduktiv", sagte der Präsident des Groß- und Außenhandelsverbands (BGA), Dirk Jandura, ebenfalls dem "Handelsblatt".
Die Gewerkschaft der Polizei begrüßte Faesers Vorstoß. Dauerhafte stationäre Grenzkontrollen seien wegen des personellen und technischen Aufwands zwar nicht zu bewerkstelligen und würden auch keine sinkenden Asylbewerber zahlen bringen, sagte GdP-Chef Jochen Kopelke dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der Vorschlag von Faeser sei aber richtig, da es um gezieltes Vorgehen gegen Schleuserbanden gehe.
Die Innenministerin hatte bereits am Donnerstag bei einer Bundestagsdebatte über die Migrationspolitik eingeräumt, dass es zur "Schleuserbekämpfung partiell notwendig" sein könne, "stationäre Grenzkontrollen durchzuführen". Die hohen Flüchtlingszahlen zeigten, "wir sind auf allen Wegen gefordert, irreguläre Migration einzuschränken", sagte sie.
Deutschland verzeichnet derzeit deutlich steigende Flüchtlingszahlen, was eine zunehmend härter geführte politische Debatte um eine Belastung des Landes auslöst. Stationäre Grenzkontrollen gibt es derzeit nur an der Grenze zu Österreich, sie wurden bereits vor mehreren Jahren ebenfalls wegen Migrationsbewegungen eingeführt und seither immer wieder verlängert.
Stationäre Grenzkontrollen sind innerhalb des europäischen Schengen-Raums eigentlich nicht mehr vorgesehen und nur in Ausnahmesituationen möglich, wobei die EU-Kommission dies zuvor absegnen muss. Die Grenzüberwachung erfolgt üblicherweise durch mobile Kontrollen im Rahmen einer Schleierfahndung.
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