Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) sieht den Höhepunkt der Corona-Krise in Deutschland noch nicht erreicht. "Die Zeit mit den höchsten Infektionszahlen liegt noch vor uns", sagte Braun der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (F.A.S.). Die Aufgabe der Bundesregierung sei es, "uns für unsere Bevölkerung auf den schwierigsten Teil dieser Krise vorzubereiten".
Seiner Ansicht nach sei der Maßstab für die Fortsetzung oder Lockerung der Maßnahmen zur Eindämmung der Seuche, "dass sich in gleichen Zeitabständen weniger Menschen infizieren". Vor Beginn der jetzigen Einschränkungen habe es eine "Verdoppelung alle drei Tage" gegeben. Um aber das Gesundheitswesen nicht zu überfordern, müssten die Verdopplungszeiten bei deutlich über zehn Tagen liegen. "Wahrscheinlich sogar eher zwölf oder vierzehn Tage", betonte Braun.
Anfangs habe die Bundesregierung zudem erwartet, dass Patienten in Deutschland kürzer auf Intensivstationen liegen würden als in anderen Ländern und auf etwa zehn Tage gehofft. "Jetzt fürchten wir, dass die Beatmungszeiten länger werden, weil immer mehr ältere Menschen sich infizieren."
In Bezug auf Kritik aus der Wissenschaft an den Schulschließungen in Deutschland sagte der Kanzleramtsminister, bei Kindern verlaufe eine Corona-Infektion zwar oft weniger schwer als bei Erwachsenen, "aber die Vorstellung, dass sie sich auf dem Schulhof zu 100 Prozent nach unseren Abstandsvorschriften verhalten, ist nicht sehr realistisch". Wenn sie dann nach Hause kämen, träfen sie dort vielleicht auf ihre Großeltern. "Dann können schnell Infektketten entstehen."
Braun versicherte, die Bundesregierung werde nicht aus wirtschaftlichen Gründen Risiken für die Gesundheit der Bevölkerung eingehen. "Die Vorstellung, dass wir in Deutschland vielleicht bald manche Kranke nicht mehr versorgen können, weil die Zahl der Infektionen hochschießt, ist so schwerwiegend, dass ich sage: Das Wichtigste ist zunächst, dass wir das vermeiden. Dahinter steht die Wirtschaft erst mal einen großen Schritt zurück."
jep
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