Die fünf führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland erwarten für dieses Jahr einen Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung um 0,6 Prozent. "Deutschland befindet sich seit über einem Jahr im Abschwung", erklärten die Institute in ihrer sogenannten Gemeinschaftsdiagnose am Donnerstag. Im Frühjahr waren sie noch von einem leichten Wachstum von 0,3 Prozent für dieses Jahr ausgegangen.
Grund für das nun prognostizierte schrumpfende Bruttoinlandsprodukt (BIP) sei, dass sich "die Industrie und der private Konsum langsamer erholen, als wir im Frühjahr erwartet haben", erläuterte Oliver Holtemöller, stellvertretender Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Die Stimmung in den Unternehmen habe sich zuletzt auch wegen politischer Unsicherheiten erneut verschlechtert. Außerdem sei die Produktion "nochmals spürbar gesunken".
"Allerdings haben mittlerweile die Löhne aufgrund der Teuerung angezogen, die Energiepreise abgenommen und die Exporteure die höheren Kosten teilweise weitergegeben", führten die Institute aus. Sie erwarten demnach zum Jahresende ein Ende des Abschwungs. Für das kommende Jahr rechnen die Forschenden dann mit einem moderaten Wachstum der Wirtschaft um 1,3 Prozent - 0,2 Prozentpunkte weniger, als sie im Frühjahr prognostiziert hatten.
Obwohl die konjunkturelle Schwäche mittlerweile auch auf dem Arbeitsmarkt angekommen sei, gehen die Institute aber nur von einem "moderaten Anstieg" der Arbeitslosigkeit auf 2,6 Millionen Menschen im Jahr 2023 aus, was einer Quote von 5,6 Prozent entspräche. 2024 werde die Zahl der Arbeitslosen dann wohl leicht sinken.
"An der Preisfront entspannt sich die Lage nach und nach", erklärten die Institute weiter. In diesem Jahr dürfte die Inflationsrate bei hohen 6,1 Prozent liegen, im Laufe des kommenden Jahres aber auf 2,6 Prozent sinken. Für 2025 prognostizierten die Forschenden bereits eine Rate von 1,9 Prozent, die angestrebte Marke der Europäischen Zentralbank liegt bei zwei Prozent.
An der Frühjahrs-Gemeinschaftsdiagnose sind das RWI in Essen, das Ifo-Institut in München, das IfW in Kiel, das IWH in Halle und das DIW in Berlin beteiligt.
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Mario BÜSCHER / © Agence France-Presse