Angesichts deutlich gestiegener Flüchtlingszahlen hat die Bundesregierung ein engeres Vorgehen mit Tschechien und Polen gegen Schleuser vereinbart.
Dabei würden "verstärkt gemeinsame Streifen der Bundespolizei und der polnischen und tschechischen Grenzpolizeien auch auf dem dortigen Staatsgebiet stattfinden", teilte das Bundesinnenministerium am Freitag mit. In der Bevölkerung wächst unterdessen die Unzufriedenheit mit der Migrationspolitik. Im ARD-"Deutschlandtrend" sprachen sich fast zwei Drittel dafür aus, weniger Flüchtlinge aufzunehmen.
Die Regierung reagiere mit der engeren Zusammenarbeit mit Polen und Tschechien auf die hohe Zahl unerlaubter Einreisen, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Sie stiegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bis August bundesweit um rund 57 Prozent auf 70.753. Dabei kommen zunehmend Flüchtlinge über Polen und Tschechien nach Deutschland, die offenbar zuvor über Russland und Belarus in die EU geschleust wurden.
"Wir wollen gemeinsam das grausame Geschäft der Schleuserbanden zerschlagen, die mit der Not von Menschen maximalen Profit machen und sie auf lebensgefährliche Weise über Grenzen schmuggeln", erklärte Faeser. "Zugleich müssen wir unerlaubte Einreisen frühzeitig erkennen und verhindern." Die drei Länder gründeten dazu auch eine gemeinsame Arbeitsgruppe.
Faeser hatte am Mittwoch zusätzliche Kontrollen der Bundespolizei direkt an den Grenzen zu Polen und Tschechien angeordnet. Diese sollen anders als die bisher praktizierte Schleierfahndung auch "auf der Grenzlinie" erfolgen. Auf von der Union geforderte stationäre und dauerhafte Grenzkontrollen verzichtete die Ministerin aber weiterhin.
Im am Donnerstagabend veröffentlichten ARD-"Deutschlandtrend" sprachen sich 64 Prozent der Befragten dafür aus, dass Deutschland weniger Flüchtlinge aufnehmen sollte. Das sind zwölf Prozentpunkte mehr als im Mai diesen Jahres. Sieben von zehn Deutschen (71 Prozent) halten die Einführung einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen für richtig.
Der Blick auf das Management der Flüchtlingsfrage wird nach der Befragung parteiübergreifend kritischer. 73 Prozent der Befragten meinen, dass die Unterbringung und Verteilung von Flüchtlingen in Deutschland eher schlecht oder sehr schlecht gelingt. Bei der Integration von Flüchtlingen in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt finden das 78 Prozent.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte, Geflüchteten mit Bleibeperspektive sofort eine Arbeitserlaubnis zu erteilen. Arbeit könne einen wesentlichen Beitrag zur Integration leisten und der Bedarf auf dem Arbeitsmarkt sei da, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Ähnlich äußerte sich SPD-Chefin Saskia Esken. "Viele, die arbeiten wollen, dürfen nicht", sagte sie den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. "Wenn sich ein Betrieb findet, der jemanden einsetzen will, dann darf kein Beschäftigungsverbot das verhindern." Wie Landsberg sah Esken hingegen eine Verpflichtung von Asylbewerbern zu gemeinnützigen Arbeiten skeptisch. Denn diese würden dann als "Billigarbeitskräfte" mit Dienstleistungsangeboten von Unternehmen konkurrieren, sagte die SPD-Chefin.
Für Diskussionen sorgten weiter die Äußerungen von CDU-Chef Friedrich Merz über Zahnarztbesuche abgelehnter Asylbewerber. "Die AfD haut sich auf die Schenkel, fühlt sich bestätigt", sagte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Linken-Politikerin Daphne Weber sagte dem ZDF, sie habe bei der Staatsanwaltschaft Arnsberg gegen Merz Strafanzeige wegen Volksverhetzung gestellt.
Merz hatte am Mittwoch in einer Talkshow gesagt, dass abgelehnte Asylbewerber beim Arzt sitzen und "sich die Zähne neu machen" lassen würden, während "die deutschen Bürger nebendran" keine Termine bekämen.
Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger äußerte Verständnis für die Äußerungen von Merz. Sie seien zwar "etwas zugespitzt und flapsig", sagte der bayerische Wirtschaftsminister im Fernsehsender Welt. Es seien aber Hunderttausende illegal in Deutschland. "Und natürlich müssen diese Menschen medizinisch versorgt werden und stehen dann anderen Behandlungen im Weg, respektive kosten die Sozialkassen und Beitragszahler sehr viel Geld.“
mt/bk © Agence France-Presse