Vor dem Hintergrund einer angekündigten Bodenoffensive hat Israel in der Nacht zum Sonntag den Gazastreifen massiv bombardiert. Die in dem Palästinensergebiet herrschende radikalislamische Hamas meldete nach den jüngsten Angriffen mindestens 80 Tote. Angesichts der gefährlichen Lage in der Region kündigten die USA eine Verstärkung ihrer militärischen Präsenz im Nahen Osten an.
Wie AFP-Reporter berichteten, wurde vor allem die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens an der ägyptischen Grenze von den Angriffen getroffen. Auch über Gaza waren Rauchwolken zu sehen. Angaben der Hamas zufolge wurden bei den nächtlichen Angriffen mehr als 30 Häuser zerstört.
Israel hatte am Samstag angekündigt, seine Luftangriffe auf den Gazastreifen verstärken zu wollen, um den Druck auf die radikale Palästinenserorganisation zu erhöhen. "Wir müssen in die nächste Phase des Krieges unter bestmöglichen Bedingungen eintreten", erklärte Armeesprecher Daniel Hagari.
Ziel israelischer Luftangriffe war auch eine Moschee im besetzten Westjordanland. Dabei wurden laut israelischer Armee "Terroristen" der Hamas und des Islamischen Dschihad getötet.
Die Hilfsorganisation Roter Halbmond in Dschenin teilte laut der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa mit, das ein Mensch getötet und drei weitere verletzt worden seien. Seit dem Großangriff der Hamas wurden nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums mindestens 90 Menschen im Westjordanland bei Angriffen der israelischen Armee oder von Siedlern getötet.
Die Hamas hatte am 7. Oktober einen Großangriff auf Israel gestartet und dabei etwa 1400 Menschen getötet. Zudem verschleppten die schwer bewaffneten Islamisten rund 200 Menschen aus Israel als Geiseln. Als Reaktion auf den Überfall riegelte Israel den Gazastreifen ab und startete seine massiven Luftangriffe. Zudem wurde eine Bodenoffensive angekündigt, und zehntausende Soldaten wurden an der Grenze zum Gazastreifen zusammengezogen. Nach Angaben der Hamas wurden seit Kriegsbeginn mehr als 4300 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet.
Angesichts der Lage in der Region kündigten die USA eine Verstärkung ihrer militärischen Präsenz im Nahen Osten und eine Verlegung von Verteidigungssystemen und zusätzlichen Truppen in das Gebiet an. Verteidigungsminister Lloyd Austin erklärte, dies erfolge als Reaktion auf die "jüngste Eskalation" des Iran und seiner Verbündeten. Die Maßnahme solle der Abschreckung dienen, den Schutz der US-Streitkräfte in der Region erhöhen und zur Verteidigung Israels beitragen, hieß es aus dem Pentagon.
Auch die Lage im Norden Israels an der Grenze zum Libanon verschärfte sich. Nach erneuten Gefechten mit der pro-iranischen Hisbollah warf die israelische Armee der mit der Hamas verbündeten Gruppierung vor, den Libanon in einen Krieg hineinziehen zu wollen. Dieser würde "keine Gewinne, aber viele Verluste" bringen, erklärte der israelische Armeesprecher Jonathan Conricus im Onlinedienst X, ehemals Twitter.
Bei den Gefechten im Grenzgebiet waren am Samstag Angaben der Hisbollah zufolge vier ihrer Kämpfer getötet worden. Die Palästinensermiliz Islamischer Dschihad meldete einen toten Kämpfer. Sowohl auf israelischer als auch auf libanesischer Seite flüchteten bereits zahlreiche Menschen aus Angst vor einem Flächenbrand aus den grenznahen Städten.
Nach Angaben der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur Sana setzten israelische Angriffe am frühen Sonntagmorgen die beiden wichtigsten Flughäfen in Syrien in Damaskus und Aleppo außer Betrieb. Dabei seien ein ziviler Flughafenangestellter getötet und ein weiterer verletzt worden, hieß es mit Verweis auf Sicherheitskreise.
Es ist das zweite Mal seit dem Hamas-Angriff, dass Israel gleichzeitig die Flughäfen in der syrischen Hauptstadt und der nördlich gelegenen Stadt Aleppo angreift.
lt/ju
Adel ZAANOUN und May YAGHI / © Agence France-Presse