Trotz Gottesdienstverboten und anderer Corona-Beschränkungen werden Gläubige das Osterfest in diesem Jahr nach Ansicht des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, "vielleicht kraftvoller denn je feiern". Die Corona-Krise lasse viele die Erfahrungen der Passionszeit angesichts von Tod und wirtschaftlichen Nöten aktuell intensiv erleben, sagte der bayerische Landesbischof am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin". Dies seien "starke Gefühle".
Bedford-Strohm erinnerte an die letzten Worte des sterbenden Jesus Christus am Kreuz: "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?" Nun machten Menschen gerade eben diese "Erfahrung der Gottverlassenheit" - auf Intensivstationen, nach dem Verlust geliebter Menschen oder wegen Existenzsorgen. Dies seien Erfahrungen, die in den Worten und den Geschichten der Passionszeit aufgehoben seien, ergänzte der EKD-Ratsvorsitzende.
Die Gottesdienstverbote selbst stießen in der evangelischen Kirche auf "viel Verständnis", betonte Bedford-Strohm. Unmut werde "nur vereinzelt geäußert". Die Kirche trage die Maßnahmen "sehr bewusst mit". Es sei ein "Gebot der Nächstenliebe", besonders verletzliche Menschen vor einer Ansteckung zu schützen. Sie mache derzeit auch gute Erfahrungen mit neuen Kanälen, vor allem digitalen Angeboten. Die Einschaltquoten von Radio- und Fernsehgottesdiensten seien gestiegen, in vielen Gemeinde predige der Pastor nun im Livestream.
Nach Ansicht Bedford-Strohms hat die Gesellschaft langfristig auch die Chance, aus der Corona-Krise zu lernen und sich zum Besseren zu wandeln. Derzeit erlebe das Land "so etwas wie eine Revolution des Mitgefühls" im Alltag, die nur mit der Bereitschaft zur Hilfe für Flüchtlinge im Jahr 2015 zu vergleichen sei. Die Menschen machten zudem die Erfahrung, dass "der Tod nicht das letzte Wort ist, sondern dass das Leben siegt". Gelinge es, diese Erfahrungen zu verinnerlichen, könne die Welt gestärkt aus der Krise hervorgehen.
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