Wie die israelische Armee mitteilte, kehrten die 17 Freigelassenen über Ägypten nach Israel zurück. Nach Angaben der israelischen Regierung handelt es sich um 13 Israelis und vier Thailänder. Unter den freigelassenen Israelis sind vier deutsche Doppelstaatler. Im Gegenzug ließ Israel 39 palästinensische Gefangene frei.
Das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte, es habe seitdem von der Hamas eine Liste über die Geiseln erhalten, die am Sonntag freigelassen würden. Die Liste werde von Sicherheitsbeamten geprüft, die Angehörigen der Geiseln seien informiert worden.
Der bewaffnete Arm der Hamas, die Essedin-al-Kassam-Brigaden, hatte am Samstag kurz vor Mitternacht 13 Israelis und vier Thailänder an das Rote Kreuz übergeben. Katar erklärte, bei den freigelassenen Israelis handele es sich um acht Kinder und fünf Frauen. Das Rote Kreuz brachte die Freigelassenen über den Grenzübergang Rafah im Süden des Gazastreifens nach Ägypten. Von dort aus wurden sie nach Israel gebracht.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bestätigte, unter den freigelassenen Israelis seien wie schon bei der ersten freigelassenen Gruppe am Freitag vier deutsche Doppelstaatler. "Ich denke an sie und an die, die noch in den Händen der Hamas sind", erklärte Baerbock im Onlinedienst X, dem ehemaligen Twitter. "Wir arbeiten mit aller Kraft daran, dass auch sie bald in Freiheit sind."
Bei den Deutsch-Israelis handelt es sich um die 38-jährige Adina Shoham, ihre dreijährige Tochter Jahel und ihren achtjährigen Sohn Naveh sowie um Shohams 67-jährige Mutter Shoshan Haran. Nun könne "Ihre Familie Ihnen all das Licht und die Wärme geben, die Sie vermisst haben", schrieb der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, am Sonntagmorgen im Onlinedienst X an die vier Freigelassenen.
Mit der 21-jährigen Maja Regev kam erstmals auch eine Geisel frei, die von Kämpfern der Hamas bei ihrem brutalen Angriff auf das Supernova-Musikfestival in Israel verschleppt worden war. Bei dem Überfall am 7. Oktober wurden Hunderte weitere, meist junge Menschen getötet.
Regevs Mutter erklärte, sie sei glücklich, dass Maja heimkomme - "dennoch ist mein Herz zerrissen, denn mein Sohn Itaj ist immer noch in der Gefangenschaft der Hamas" im Gazastreifen, hieß es in einer Erklärung, die das Forum der Angehörigen der Geiseln veröffentlichte.
"Wir sind überglücklich, Emily wieder in die Arme schließen zu können, aber zugleich denken wir (...) an all die Hunderten von Geiseln, die noch nicht zurückgekehrt sind", erklärte auch die Familie der neunjährigen, irisch-israelischen Emily Hand über das Familien-Forum. Ein Video der israelischen Armee zeigte, wie das Mädchen nach der Freilassung in die Arme ihres Vaters rannte. Ihr Vater hatte die Neunjährige zunächst für tot gehalten.
Im Gegenzug gab die israelische Strafvollzugsbehörde noch in der Nacht die Freilassung von 39 palästinensischen Gefangenen aus israelischen Gefängnissen bekannt. Ebenso wie auf israelischer Seite handelt es sich bei allen Freigelassenen um Frauen und Minderjährige.
Eine erste Gruppe von Geiseln aus dem Gazastreifen war am Freitag freigelassen worden. Unter den 13 Israelis waren ebenfalls vier Doppelstaatler mit deutschem Pass sowie mehrere Kinder und Frauen über 70 Jahren. Zusammen mit den israelischen Geiseln waren am Freitag auch zehn in den Gazastreifen verschleppte Thailänder und ein Philippiner freigekommen.
Die Freilassung der zweiten Gruppe Geiseln am Samstag verzögerte sich um einige Stunden. Die Hamas hatte die Übergabe kurzfristig gestoppt, weil nach ihren Angaben Israel gegen eine am Mittwoch getroffene Vereinbarung zur Feuerpause verstoßen habe. Konkret ging es um Hilfslieferungen in den nördlichen Teil des Gazastreifens. Israels Armee wies die Vorwürfe zurück.
Nach Angaben der UNO erreichten bereits 61 Lastwagen mit medizinischen Hilfsgütern, Lebensmitteln und Wasser den Norden des Gazastreifens. Das UN-Büro für humanitäre Angelegenheiten (Ocha) teilte am Samstag mit, 200 weitere Lkw seien von Israel losgefahren, 187 von ihnen hätten bis zum Abend die Grenze überquert.
Am Freitag hatten nach UN-Angaben bereits 173 Lkw mit dringend benötigten Hilfsgütern den Gazastreifen erreicht.
Israel und die Hamas hatten sich am Mittwoch nach langwierigen Verhandlungen unter Vermittlung von Katar, den USA und Ägypten auf eine viertägige Feuerpause geeinigt. Die Vereinbarung sieht unter anderem vor, dass insgesamt 50 israelische Geiseln sowie 150 palästinensische Gefangene freigelassen werden sollen.
Der Krieg zwischen Israel und Hamas dauert bereits seit rund sieben Wochen an. Am 7. Oktober waren hunderte Kämpfer der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas nach Israel eingedrungen und hatten dort Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt, darunter zahlreiche Frauen und Kinder. Nach Angaben der israelischen Regierung wurden etwa 1200 Menschen getötet, rund 240 Menschen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Als Reaktion darauf begann Israel damit, Ziele im Gazastreifen aus der Luft und vom Boden aus massiv anzugreifen. Angaben der Hamas zufolge, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seitdem mehr als 14.800 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet.
oer/ans
Adel ZAANOUN mit Hazel WARD / © Agence France-Presse