Höhere erlaubte Eigenanbaumengen und kleinere Verbotszonen: Das Gesetz zur Cannabis-Legalisierung soll weniger streng ausfallen als bisher geplant. Die Fraktionen der Ampel-Koalition gaben am Montag die Einigung auf eine abschließende Gesetzesfassung bekannt. Von einem "Paradigmenwechsel in der Cannabis-Drogenpolitik" sprachen die Koalitionäre dabei. Eine Verabschiedung des zum ersten Mal Ende Oktober im Bundestag beratenen Gesetzes steht noch aus. Kritik an den Plänen äußerte erneut die Union.
Die Ampel-Koalition will den Bezug von Cannabis in begrenztem Umfang - maximal 25 Gramm pro Tag - über nicht kommerzielle Vereine ermöglichen. Für Jugendliche unter 18 Jahren wird der Besitz und Konsum von Cannabis jedoch weiterhin verboten bleiben.
Im Eigenanbau sollten bisher drei Pflanzen und der Besitz von ebenfalls 25 Gramm erlaubt sein. Hier einigten sich die Fraktionen nun auf eine Entschärfung: Bis zu 50 Gramm selbst angebautes Cannabis sollen Konsumentinnen und Konsumenten künftig besitzen dürfen. Auch bei der Strafbarkeit wurde die Regelung entschärft. Strafbar soll im privaten Raum erst ein Besitz ab 60 Gramm greifen, im öffentlichen ab 30 Gramm. Darunter gilt der Besitz als Ordnungswidrigkeit.
Die amtierende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) begründete den Schritt damit, dass nun bei einer geringfügigen Überschreitung der Besitzgrenzen nicht gleich "die Strafbarkeitskeule" drohe. Die Strafvorschriften und Bußgelder sollen ihr zufolge zudem auf "angemessene Größenordnungen" reduziert werden.
Die Koalitionäre einigten sich darüber hinaus auf kleinere Verbotszonen: In einem Abstand von hundert Metern zu Schulen und ähnlichen Einrichtungen soll der Cannabiskonsum verboten sein - vorher waren 200 Meter geplant.
"Wir machen Schluss mit der schädlichen Prohibition von Cannabis", erklärte Kappert-Gonther zur Einigung. "Von nun an wird niemand mehr wegen des Konsums von Cannabis kriminalisiert." Damit werde die gesellschaftliche Realität anerkannt, ergänzten die gesundheitspolitischen Sprecher der drei Parteien, Janosch Dahmen (Grüne), Heike Baehrens (SPD) und Andrew Ullmann (FDP).
"Nach dem Scheitern der Verbotspolitik machen wir daher den Gesundheitsschutz zum Maßstab unserer neuen Cannabispolitik", erklärten sie. Sie betonten, dass neben der Legalisierung auch Prävention sowie Kinder- und Jugendschutz gestärkt werde.
Kritik an der Einigung und den Änderungen kommt von Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU): "Damit werden die Gefahren dieser Droge noch mehr verharmlost - das ist unverantwortlich." Gerlach bezeichnete Cannabis als "großes gesundheitliches Risiko – insbesondere für junge Menschen". Die Bundesregierung müsse deshalb auf eine Legalisierung verzichten.
Der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, warnte vor den Folgen des Cannabiskonsums bei Jugendlichen. Dieser werde steigen, "weil solche Substanzen auch immer an Jüngere weitergereicht werden", sagte er der Zeitung "Welt". Dies könne schwerwiegende Folgen für ihre körperliche und mentale Gesundheit haben.
"Der chronische Cannabisgebrauch macht – salopp gesagt – doof und kann auch Psychosen verursachen", sagte Fischbach. Mit dem Gesetz werde der Zugang auch für Jugendliche erleichtert, kritisierte er, "und der Konsum in aller Öffentlichkeit normalisiert".
awe/pw
© Agence France-Presse
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