Nach Verlängerung der Feuerpause zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas sind am Dienstag nach israelischen Angaben zwölf weitere Geiseln freigelassen worden, darunter laut Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erneut eine Deutsche.
Wie ein AFP-Fotograf beobachtete, wurden die Geiseln nahe dem Grenzübergang Rafah zwischen dem Gazastreifen und Ägypten von Kämpfern der Hamas und der mit ihr rivalisierenden Gruppierung Islamischer Dschihad an Mitarbeiter des Roten Kreuzes übergeben. Die G7 forderten indes eine Verlängerung der Feuerpause sowie die Freilassung aller Geiseln.
Bundesaußenministerin Baerbock erklärte im Onlinedienst X (vormals Twitter), unter den Geiseln sei eine Deutsche. "Ich bin erleichtert für sie alle", schrieb Baerbock weiter mit Blick auf die zwölf Freigelassenen. Gleichzeitig erinnere "jede einzelne Befreiung daran, für wie viele der schlimmste Albtraum noch andauert". Bereits am Montagabend waren unter den freigelassenen Geiseln zwei deutsch-israelische Doppelstaatler gewesen.
Die israelische Armee erklärte kurz nach der Übergabe der Geiseln, die zehn Israelis und zwei ausländischen Staatsbürger seien in Israel angekommen. Dort würden sie in Krankenhäuser eingeliefert und träfen dort ihre Familienangehörigen. Bei den freigelassenen ausländischen Staatsbürgern handelte es sich dem Büro von Regierungschef Benjamin Netanjahu zufolge um Thailänder. Im Gegenzug ließ Israel nach Angaben der israelischen Strafvollzugsbehörde 30 palästinensische Häftlinge aus seinen Gefängnissen frei, es handelte sich demnach um Frauen und Jugendliche unter 19 Jahren.
Seit Inkrafttreten der Feuerpause am vergangenen Freitag wurden damit bisher insgesamt 60 israelische Frauen und Kinder sowie 21 weitere ausländische Geiseln, überwiegend Gastarbeiter aus Thailand, von der Hamas freigelassen. Im Gegenzug entließ Israel bisher 180 palästinensische Häftlinge aus seinen Gefängnissen.
Am Montag war die Feuerpause um zwei Tage bis Donnerstagfrüh verlängert worden. Der Vereinbarung zufolge sollen bis dahin noch weitere zehn israelische Geiseln aus der Gewalt der Hamas freikommen sowie 30 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen werden. Örtlichen Medien zufolge erhielt die israelische Regierung am Dienstag die Liste der Geiseln, die die Hamas am Mittwoch freilassen will.
Am Dienstag beschuldigten sich die Hamas und Israel gegenseitig der Verletzung der Waffenruhe. Fer Sprecher des katarischen Außenministeriums, Madsched Al-Ansari, teilte jedoch mit, die "minimalen Verstöße" hätten "den Kern der Vereinbarung nicht beeinträchtigt".
Die G7-Staaten forderten indes eine weitere Verlängerung der Waffenruhe. "Wir unterstützen die weitere Verlängerung dieser Pause und künftige Pausen, die erforderlich sind, um die Hilfe zu verstärken und die Freilassung aller Geiseln zu ermöglichen", hieß es am Dienstag in einer Erklärung. Washington mahnte zudem Israel, dass jede neue Offensive im südlichen Gazastreifen "so ausgeführt werden muss, dass es nicht zu weiteren erheblichen Vertreibungen kommt", wie ein hoher US-Beamter erklärte.
Die Geiseln wurden am Dienstag erstmals sowohl von der Hamas als auch vom Islamischen Dschihad an das Rote Kreuz übergeben. Die miteinander im Gazastreifen rivalisierenden islamistischen Palästinensergruppen gaben sich bei den von Militärparaden begleiteten Geisel-Übergaben demonstrativ einig.
"Wir haben gezeigt, dass der Widerstand vereint ist", sagte der Sprecher des Islamischen Dschihad, Mossaab al-Barim, nach der Übergabe der Geiseln der AFP. "Wir sind entschlossen, den Kampf fortzusetzen", fügte er hinzu. Es wird vermutet, dass zahlreiche Geiseln auch vom Islamischen Dschihad festgehalten werden.
"Die Atmosphäre, die die Terroristen jetzt rund um die Freilassung ihrer Geiseln schaffen - halb islamistische Kundgebung, halb Party -, ist beschämend", schrieb der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, am Dienstag auf X.
Der israelische Armeechef Herzi Halevi erklärte seinerseits: "Die israelische Armee ist bereit, die Kämpfe wieder aufzunehmen. Wir nutzen die Tage der Pause, um (...) unsere Vorbereitung zu verstärken".
Bei ihrem brutalen Überfall am 7. Oktober hatte die Hamas rund 240 Menschen verschleppt, darunter viele Kinder und auch ein zehn Monate altes Baby, das bislang noch nicht zu den Freigelassenen gehörte. Hunderte Kämpfer der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Miliz waren nach Israel eingedrungen und hatten nach israelischen Angaben auch etwa 1200 Menschen getötet.
Israel bombardierte als Reaktion wochenlang massiv Ziele im Gazastreifen aus der Luft und vom Boden aus. Angaben der Hamas zufolge, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seitdem fast 15.000 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet.
kbh/kas Adel ZAANOUN und Michael BLUM / © Agence France-Presse
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