Die Europäische Union hat der Türkei mögliche Visa-Erleichterungen in Aussicht gestellt.
In einem am Mittwoch in Brüssel vorgestellten Sonderbericht zu den Beziehungen empfiehlt die EU-Kommission, "vorrangig mit den Mitgliedstaaten Möglichkeiten auszuloten, um den Zugang zu Visumanträgen zu erleichtern". Davon sollen insbesondere türkische Geschäftsleute und Studenten profitieren sowie türkische Staatsbürger mit Familienangehörigen in der EU.
Auch die "Erteilung von Mehrfachvisa mit langer Gültigkeitsdauer" soll geprüft werden, wie es in dem 18-seitigen Bericht heißt, den der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und Nachbarschaftskommissar Oliver Varhelyj vorstellten.
Nach der Wiederwahl des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im Mai hatten die europäischen Staats- und Regierungschefs die EU-Kommission beauftragt, einen Neuanfang in den konfliktreichen Beziehungen zu prüfen.
Daneben empfahl die Kommission unter anderem Schritte zur Modernisierung der Zollunion mit der Türkei. Zur Bedingung machte sie aber die Umsetzung der EU-Sanktionen gegen Russland durch Ankara sowie die Bereitschaft zur Konfliktlösung mit dem Mitgliedsland Zypern. Die Brüsseler Vorschläge sehen auch eine engere Zusammenarbeit in Migrationsfragen vor.
Die Türkei habe die Bedingungen für die seit 2013 angestrebte Visaliberalisierung weiter nicht vollständig erfüllt, räumte Nachbarschaftskommissar Varhelyj ein. Sie sei aber wichtig für die Wirtschaft und wegen der vielen "zwischenmenschlichen Kontakte". Deshalb schlage die Kommission nun die Visaerleichterung vor.
Borrell sagte, im EU-Beitrittsprozess mit der Türkei herrsche zwar "Stillstand". Vor allem der Nahost-Krieg erfordere aber eine Annäherung. Die EU und die Türkei seien beide für eine Zweistaatenlösung, also einen eigenständigen Palästinenserstaat neben Israel, betonte er.
Die Türkei gilt traditionell als Vermittler in der Region. Erdogan hatte Israel kürzlich allerdings als "Terrorstaat" gebrandmarkt, was vor allem in Deutschland auf scharfe Kritik stieß. Am Mittwoch legte Erdogan nach und bezeichnete den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu als "Schlächter von Gaza".
Angespannt sind die Beziehungen zwischen den Europäern und der Türkei auch, weil Ankara den Nato-Beitritt Schwedens seit Monaten verschleppt. Erdogan hatte auf dem Nato-Gipfel im Juli sein Wort gegeben, dass Schweden beitreten kann, das türkische Parlament hat den Antrag allerdings weiterhin nicht ratifiziert.
Außenminister Tobias Billström sagte am Rande eines Nato-Treffens in Brüssel, sein türkischer Kollege erwarte dies "binnen Wochen". In der Nato stößt die Aussage auf Skepsis.
lob/ju © Agence France-Presse
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