Südafrika hat am Dienstag des vor zehn Jahren verstorbenen Nelson Mandela gedacht - mit einer Mischung aus Sehnsucht nach der Integrität des Nationalhelden und Enttäuschung über die aktuelle Entwicklung im Land. Offizielle Veranstaltungen zur Erinnerung an den ersten schwarzen Präsidenten des einstigen Apartheid-Staates waren nicht geplant. Für die Mandela-Stiftung sollte Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai am Dienstagabend einen Vortrag in Johannesburg halten. Hochrangige Vertreter der radikalislamischen Hamas schlossen sich dem Gedenken der Familie Mandelas an.
"Wir lieben, was er getan hat, wir schätzen die Freiheit, die er uns gegeben hat", sagte Prosper Nkosi, der in der Nähe von Mandelas einstigem Wohnhaus im Township Soweto bei Johannesburg lebt. "Zehn Jahre später hat sich immer noch nicht viel geändert oder verbessert", fügte er hinzu.
Njabulo Mngadi aus Johannesburg sagte, Südafrika müsse den "Geist Mandelas" wieder entdecken, um mehr Reformen durchzusetzen. Seine Arbeit müsse fortgesetzt werden, forderte Mngadi. "Die Dinge hier in Südafrika sind immer noch schlecht."
Mandela hatte jahrzehntelang gegen das auf Rassentrennung basierende Apartheidsystem in Südafrika gekämpft und 27 Jahre im Gefängnis gesessen, bevor er 1991 freilassen wurde und mit seinem Afrikanischen Nationalkongress (ANC) die ersten demokratischen Wahlen in Südafrika 1994 gewann. Seither stellt die Partei ohne Unterbrechung die Regierung in Johannesburg.
1993 war Mandela zusammen mit Frederik Willem de Klerk, dem letzten weißen Präsidenten Südafrikas, mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. De Klerk hatte sich für Mandelas Freilassung und die Abschaffung der Rassentrennung eingesetzt.
Als Staatschef hatte sich Mandela auf internationaler Ebene für einen palästinensischen Staat eingesetzt. Beim Gedenken der Familie Mandelas an einer Statue des Nationalhelden legte auch eine Gruppe von Palästinensern einen Kranz ab. Unter ihnen waren der frühere Hamas-Gesundheitsminister im Gazastreifen, Bassem Naim, sowie der Vertreter der islamistischen Palästinenserorganisation im Iran, Chaled Kadummi.
Mandelas Enkel, der Abgeordnete Mandla Mandela, hatte bei der Organisation einer zweitägigen Konferenz zum Nahostkonflikt vor dem Todestag Mandelas mitgewirkt. Naim und Kaddumi hatten an dem Treffen teilgenommen. Sein Großvater habe einen palästinensischen Staat als die "große moralische Frage unserer Zeit" betrachtet, sagte Mandla Mandela dem öffentlich-rechtlichen Sender SABC. "Wir machen da weiter, wo er aufgehört hat."
Der frühere Vorsitzende der F.W. de Klerk Stiftung, Dave Steward, sagte, Mandela werde lange für seine Verdienste für die Demokratie in Südafrika in Erinnerung bleiben. "Auch wenn wir viele Probleme haben, die Nelson Mandela nicht glücklich machen würden, würde er sich darüber freuen, dass wir immer noch eine konstitutionelle Demokratie mit funktionierenden Gerichten und einer Regierung sind, die sich an die Gesetze hält", sagte Steward der Nachrichtenagentur AFP.
"Wie viele Jahre auch vergehen, Nelson Mandelas Erbe und Vorbild wird wichtig für die Gegenwart und Zukunft Südafrikas bleiben", fügte er hinzu.
Mandela war am 5. Dezember 2013 nach langer Krankheit gestorben. Er hatte seinem Land nach jahrzehntelanger Unterdrückung der schwarzen Bevölkerungsmehrheit durch eine weiße Minderheit Stolz und Hoffnung beschert und war von 1994 bis 1999 Präsident. Doch nach drei Jahrzehnten der ANC-Führung hat die Ungleichheit heute nach Angaben der Weltbank zugenommen. Korruption ist verbreitet und Stromausfälle sind an der Tagesordnung.
Im ersten Halbjahr 2024 sind Parlamentswahlen geplant, bei denen der ANC Umfragen zufolge erstmals weniger als 50 Prozent der Stimmen erhalten könnte. Die Oppositionsparteien erhöhen den Druck auf den amtierenden Präsidenten Cyril Ramaphosa und seinen von Skandalen belasteten ANC.
oer/kas
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