Argentiniens umstrittener neuer Präsident Javier Milei ist am Sonntag ins Amt eingeführt worden.
Der rechtspopulistische, ultra-liberale Polit-Neuling wurde im Parlament in Buenos Aires vereidigt. Der 53-Jährige schwor, "im Namen Gottes, des Vaterlandes und der Heiligen Evangelien" sich im Präsidentenamt "mit Loyalität und Patriotismus" für sein Land einzusetzen. Später sollten auch seine neun Minister den Amtseid ablegen - das Kabinett mit bislang 18 Ministern schrumpft damit deutlich.
Schon für seine erste Rede im Amt wählte Milei einen symbolischen Ort: Statt vor den Abgeordneten des Parlaments sprach der Ökonom auf den Stufen des Parlaments zum Volk. "Heute beginnt eine neue Ära in Argentinien", rief Milei.
Im Onlinedienst X, vormals Twitter, hatte er die Argentinier zuvor aufgerufen, massenhaft zu seiner Ansprache zu kommen: "Bring deine Flagge mit, Argentinien!" Tausende Anhänger strömten in die Straßen rund um das Parlamentsgebäude. "Vielleicht wird es viele Jahre dauern, das Land wieder aufzubauen, aber vielleicht ist es der Beginn einer neuen Ära für uns", sagte der 41-jährige Ladenbesitzer Javier Lobos.
Der 53-jährige Milei hatte sich bei der Stichwahl im November mit 55,6 Prozent gegen seinen Rivalen, Wirtschaftsminister Sergio Massa, durchgesetzt. Er will das Land, das in einer schweren Wirtschaftskrise steckt, radikal umbauen: Im Wahlkampf hatte er wegen der extrem hohen Inflation unter anderem angekündigt, er werde die Zentralbank abschaffen und den Dollar als Landeswährung einführen.
Die Inflation hatte in Argentinien im Oktober mit einem Wert von fast 143 Prozent einen neuen Höchststand erreicht. Allerdings liegt sie bereits seit über zehn Jahren konstant mindestens im zweistelligen Bereich.
Es gebe "kein Geld, keine Alternative zur Sparsamkeit und keine Alternative zur Schocktherapie", warnte Milei nun. Die Wirtschaftslage werde sich zunächst "verschlimmern", "aber dann werden wir die Früchte unserer Anstrengungen sehen".
Zu Mileis feierlicher Amtseinführung waren höchst unterschiedliche Staats- und Regierungschefs in die argentinische Hauptstadt gereist: Zur Zeremonie kamen sowohl der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj als auch der rechtsnationalistische ungarische Ministerpräsident Viktor Orban - der einzige Regierungschef der EU, der weiter enge Beziehungen zum Kreml unterhält.
Auch Santiago Abascal, der Chef der rechtsextremen Vox-Partei in Spanien, der spanische König Felipe VI. und Brasiliens früherer rechtsradikaler Präsident Jair Bolsonaro sowie die Staatschef einiger Nachbarländer reisten an. "Die Rechten sind nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt im Vormarsch", schrieb Orban in den Onlinenetzwerken. Er teilte dort ein Foto eines Treffens mit seinem "guten Freund" Bolsonaro. Der linksgerichtete brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, von Milei in der Vergangenheit harsch kritisiert, bleib der Zeremonie fern und schickte nur seinen Außenminister.
Milei wird oft mit dem rechtspopulistischen Ex-US-Präsidenten Donald Trump unter anderem wegen seiner Anti-System-Rhetorik und seines oft aggressiven Tons verglichen. Im Wahlkampf war er häufig mit einer Kettensäge aufgetreten und hatte nicht nur mit seinen radikalen Wirtschafts- und Finanzplänen für Aufsehen gesorgt. Er sprach sich auch gegen Abtreibungen und Sexualkundeunterricht sowie für die Freigabe des Organhandels aus und leugnete den menschengemachten Klimawandel.
Milei löste im Wahlkampf auch Proteste aus, weil er die Verbrechen der rechtsgerichteten argentinischen Militärdiktatur herunterspielte. Seine Vizepräsidentin Victoria Villarruel entstammt nicht nur einer Militärsfamilie, sie kämpft auch öffentlich für verurteilte oder ihres Prozesses harrende Armeeangehörige. Mileis politische Wegbegleiterin leitet eine "Vereinigung der Opfer des Terrorismus" und unterstützt die These, dass es in der Zeit der Militärdiktatur von 1976 bis 1983 in Argentinien einen "Krieg" gegeben habe und keine "Diktatur".
oer/cp © Agence France-Presse