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Nach Haushaltseinigung der Koalition skeptische Töne

"Die Vorschläge der Ampelkoalition haben die gesamte Landwirtschaft in Aufruhr versetzt", sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbands

Nach der Haushaltseinigung der Koalition wächst die Skepsis an den am Mittwoch verkündeten Beschlüssen. Gewerkschaften und Sozialverbände warnten am Donnerstag vor sozialer Ungerechtigkeit und mahnten die Einführung des von der "Ampel" versprochenen Klimagelds als Ausgleich an. Landwirte drohten wegen des Wegfalls von Subventionen mit Protesten.

Die Koalitionsbeschlüsse sehen zum Schließen milliardenschwerer Haushaltslücken Mehrbelastungen unter anderem durch einen höheren CO₂-Preis und einen Anstieg der Netzentgelte für Strom vor. Zudem fallen Förderprogramme weg oder wegen gekürzt. Um die Sanierung der Bahn trotz knapper Kassen stemmen zu können, ist der Verkauf von Unternehmensbeteiligungen vorgesehen.

"Die von der Ampelkoalition geplante Lösung hat eine harte soziale Schieflage", sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft Verdi, Frank Werneke, der "Augsburger Allgemeinen". "Die Anhebung des CO₂-Preises trifft alle Bürgerinnen und Bürger – insbesondere die mit nicht so hohem Einkommen", kritisierte er.

Werneke sowie der Sozialverband VdK drangen als Ausgleich auf die Auszahlung des Klimagelds an die Bürgerinnen und Bürger. "Nur die Erhöhung des CO₂-Preises ist fatal und wäre ohne Klimageld unsozial", sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele der Düsseldorfer "Rheinischen Post". Sie kritisierte zudem den Wegfall des Bürgergeld-Bonus für Weiterbildungen.

Die Einführung des Klimagelds forderte auch die Wirtschaftsweise Veronika Grimm. "Das wäre eine sehr wichtige Maßnahme, um Akzeptanz für den Klimaschutz zu schaffen", sagte sie dem TV-Sender Welt. Gerade Menschen mit kleinem Einkommen würden davon profitieren. Mit Klimageld aber könne die Politik sogar "die Preise noch stärker ansteigen lassen", sagte Grimm weiter.

"Dramatische Kürzungen" bei der humanitären Hilfe kritisierte der Vorstandsvorsitzende des Verbands Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO), Michael Herbst. "Es droht ein historisch beispielloser Kahlschlag bei der internationalen Zusammenarbeit", verwies Herbst in Berlin auf eine geplante Kürzung des Entwicklungsetats um 930 Millionen Euro und der unter anderem beim Auswärtigen Amt angesiedelten Mittel für humanitäre Hilfe um 400 Millionen Euro.

"Die Vorschläge der Ampelkoalition haben die gesamte Landwirtschaft in Aufruhr versetzt", sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Joachim Rukwied, der "Rheinischen Post". Er kündigte Proteste gegen die Streichung von Vergünstigungen für Agrardiesel und bei der Kfz-Steuer an. "Zuviel ist zu viel", forderte Rukwied eine Rücknahme der Pläne.

"Anstatt die Schuldenbremse auszusetzen und die hohen Vermögen heranzuziehen, will die Ampel die Beteiligungen an Post und Telekom verscherbeln", kritisierte Linken-Parteichefin Janine Wissler den geplanten Verkauf von Bundesbeteiligungen. Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP warf sie Finanzminister Christian Lindner (FDP) "Trickbetrug" vor, weil die Bahn die Sanierung des maroden Schienennetzes durch den Verkauf ihrer Logistik-Tochter Schenker in Teilen selbst erwirtschaften solle.

Vertreter der Ampel versuchten, Befürchtungen entgegenzutreten. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sicherte zu, es werde ungeachtet einer Kürzung des Bundeszuschusses an die Rentenkassen "kurz- und mittelfristig" weder Beitragserhöhungen noch Gefahren für das geltende Rentenniveau geben. Letzteres solle mit dem Anfang 2024 geplanten Rentenpaket der Regierung abgesichert werden, sagte Heil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert schloss trotz mancher Kürzungen bei Förderprogrammen Abstriche beim Klimaschutz aus. "Klimaschutz ist rechtlich bindend", sagte er im ZDF. Die Ampel-Regierung werde aber "stärker priorisieren müssen", etwa bei der Förderung der Gebäudesanierung, räumte Kühnert auch ein. Auf einen stärkeren Abbau klimaschädlicher Subventionen drang jedoch die Klimaschutz-Initiative Fridays for Future.

Gegen eine neue Ausnahme von der Schuldenbremse zur Finanzierung der Hilfen wegen der Hochwasserkatastrophe 2021 unter anderem im Ahrtal wandte sich der FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler. Er forderte, die Hilfen aus dem regulären Haushalt zu finanzieren.

bk/mt


© Agence France-Presse