Als Reaktion auf das Ergebnis der FDP-Mitgliederbefragung hat Parteichef Christian Lindner eine Stärkung der liberalen Profils in der Ampel-Koalition angekündigt. Lindner wertete das Votum für den Verbleib in der Koalition als "klaren Auftrag, im Regierungshandeln weiter liberales Profil zu zeigen". FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki richtete am Dienstag eine Warnung an die Koalitionspartner: Ein Aufweichen der Schuldenbremse, Steuererhöhungen und ein Tempolimit seien mit der FDP nicht zu machen.
Diese Punkte seien im Koalitionsvertrag vereinbart, sagte Kubicki im Deutschlandfunk. "Wer den Koalitionsvertrag nicht mehr zur Grundlage gemeinsamer Politik machen will, der löst diese Koalition auf", sagte der Vizechef. "Das muss allen klar sein. Wir erwarten, dass die Koalitionspartner sich an die Verträge halten."
Das Votum der Basis zeige, "dass wir als FDP in der Koalition besser und durchsetzungsstärker werden müssen, und daran arbeiten wir jetzt", fügte Kubicki hinzu.
Bei der Befragung unter FDP-Mitgliedern hatte sich eine knappe Mehrheit von 52 Prozent der Teilnehmenden gegen den Austritt der Partei aus der regierenden Ampel-Koalition ausgesprochen. Die Online-Befragung ging auf die Initiative von Parteimitgliedern zurück, die mit der Beteiligung an der Ampel-Koalition unzufrieden waren. Die Parteiführung hatte für einen Verbleib in der Koalition geworben.
Parteichef Lindner wertete das Ergebnis als Bestätigung für die Regierungsbeteiligung der FDP. Das Votum sei "Ausdruck der Verantwortung für Deutschland", schrieb er im Onlinedienst X (vormals Twitter).
Die von der FDP-Führung angekündigte schärfere Profilierung dürfte die Zusammenarbeit in der "Ampel" nicht einfacher machen. Neue Konflikte könnte es insbesondere mit den Grünen geben - dies deutete Kubicki in dem Radiointerview an. "Wir werden dokumentieren, dass in der Klimapolitik, auch in der Wirtschafts- und Finanzpolitik, es kreative gute Ansätze gibt, die sich von dem Verteilmechanismus der Grünen absetzen."
FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle verwies in Reaktion auf das Abstimmungsergebnis selbstkritisch auf Defizite in der Kommunikation der "Ampel". Gerade bei der Umsetzung der anstehenden Reformen in den Bereichen Migration und Sozialpolitik erwarte er, dass die Regierung "die nötige Ruhe und auch die nötige Führung ausstrahlt, die es braucht, um solche schwierigen Entscheidungen zu treffen", sagte Kuhle im Sender Phoenix.
FDP-Vorstandsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann wertete das knappe Ergebnis der Mitgliederbefragung als einen Ansporn für ihre Partei. Strack-Zimmermann sagte der Düsseldorfer "Rheinischen Post" vom Dienstag: "Das Ergebnis zeigt uns, dass die Mitglieder der Auffassung sind, dass wir noch mehr freidemokratische Politik um- und durchsetzen sollten."
Die Teilnahmefrist für die vor zwei Wochen gestartete Online-Befragung hatte am Montagmittag geendet. Die Frage lautete: "Soll die FDP die Koalition mit SPD und Grünen als Teil der Bundesregierung beenden?" Die Mitglieder konnten darauf mit Ja oder Nein antworten. Die Satzung der FDP sieht vor, dass 500 Unterschriften von Mitgliedern ausreichen, um eine nicht bindende Befragung unter den insgesamt rund 72.000 Parteimitgliedern abzuhalten.
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