Traumstart vor Rekordkulisse: Angeführt vom überragenden Torwart Andreas Wolff haben Deutschlands Handballer die Medaillen-Jagd bei ihrer Heim-EM mit einer Gala-Vorstellung eröffnet und die Hoffnungen auf ein neues Wintermärchen geschürt. Die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason gewann in der Düsseldorfer Fußball-Arena vor allem dank einer defensiven Meisterleistung mit 27:14 (13:8) gegen die Schweiz und feierte 53.586 Zuschauern um Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine schwarz-rot-goldene Eröffnungsparty.
Berauscht von der atemberaubenden Atmosphäre liefen die DHB-Stars zur Höchstform auf. Hinten kratzte Wolff einen Ball nach dem anderen aus den Ecken, vorne brillierten Spielmacher Juri Knorr (sechs Tore) und seine Mitspieler mit spektakulären Toren und rissen so die Fans immer wieder von den Sitzen. "Ich hätte gegen ein Wintermärchen, das heute beginnt, gar nichts einzuwenden. Und ich finde, es hat gut begonnen", sagte Steinmeier euphorisiert.
Zum besten deutschen Werfer im mit Spannung erwarteten Weltrekordspiel avancierten neben Knorr Julian Köster und Justus Fischer mit je drei Treffern. Durch den imponierenden Auftaktsieg gegen die Eidgenossen um Spielmacher-Oldie Andy Schmid nahm das deutsche Team direkt Kurs auf die Hauptrunde. Schon ein Sieg am Sonntag (20.30 Uhr/ZDF und Dyn) in Berlin gegen Nordmazedonien, das sein erstes EM-Spiel gegen Frankreich mit 29:39 verlor, könnte für den Einzug in die nächste Turnierphase reichen.
Bereits vor dem Anpfiff war die Stimmung am Anschlag, als Steinmeier die erste EM auf deutschem Boden feierlich eröffnete. "Danke für diese Rekordkulisse", rief er den Zuschauern zu: "Wir sind stolz, dieses Turnier für die Zuschauer in ganz Europa zu organisieren." Auch DHB-Präsident Andreas Michelmann strahlte. Die EM sei "eine Chance, die Sportart noch bekannter zu machen als sie ohnehin schon ist".
Beste Werbung für ihren Sport machten dann auch Kapitän Johannes Golla und Co. - von Beginn an. Für den perfekten Start sorgte Knorr, indem er den Ball nach 49 Sekunden zum 1:0 rechts oben in den Winkel hämmerte. Die leichte Nervosität, die sich in einigen Fehlwürfen und Fehlpässen zeigte, fiel nicht ins Gewicht, weil Deutschland in der Abwehr beherzt zu Werke ging und immer wieder Wolff zur Stelle war.
Schon nach neun Minuten standen beim 2016-Europameister fünf Paraden bei nur zwei Gegentoren zu Buche - absolute weltklasse. Auch in der Folge blieben die Schweizer immer wieder an der deutschen Deckung hängen und erzielten neun Minuten keinen Treffer. Als DHB-Rechtsaußen Timo Kastening nach einer Viertelstunde zum 7:3 traf, kreiste eine LaOla durchs weite Rund. Kurz vor der Halbzeitpause feierten die Fans ihren Keeper mit "Wolff"-Sprechchören.
"Was Andi Wolff hinten im Tor gezeigt hat, ist beeindruckend", sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer zur Pause. Zudem zeigte er sich begeistert von der Stimmung: "Das ist natürlich grandios, wenn du plötzlich hörst, dass über 50.000 Menschen 'Deutschland-Deutschland' schreien. Ich glaube, das ist schon so, dass die Jungs sich genau das erhofft haben."
Im zweiten Durchgang drückte Deutschland weiter aufs Gaspedal. Hinten blieb Wolff kaum überwindbar, nach vorne bestrafte unter anderem der flinke Kastening die Fehler des Schweizer Außenseiters mit pfeilschnellen Gegenstößen. Auch die Grünschnäbel Justus Fischer, David Späth, Martin Hanne und Renars Uscins durften sich nun beweisen.
Nach dem Rausch von Düsseldorf gilt die volle Konzentration nun den verbleibenden Vorrundenspielen gegen Nordmazedonien und am kommenden Dienstag (20.30 Uhr/ARD und Dyn) gegen Rekordweltmeister Frankreich. Nur die beiden Erstplatzierten erreichen die nächste Turnierphase.
Christoph STUKENBROCK und Moritz LÖHR /
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