Nordkorea hat nach Angaben des südkoreanischen Militärs offenbar mehrere Marschflugkörper abgeschossen. Vom Militärstützpunkt Munchon im Osten des Landes aus seien "zahlreiche" Geschosse über das Meer abgefeuert worden, bei denen es sich vermutlich um Kurzstrecken-Marschflugkörper handelte, erklärte die südkoreanische Armee am Dienstag. Die Geheimdienste Südkoreas und der USA seien dabei, den Vorfall zu analysieren.
Nordkorea hatte in den vergangenen Wochen mehrfach ballistische Raketen getestet. Diese werden in große Höhe abgefeuert und stürzen dann durch die Erdanziehungskraft zu Boden. Marschflugkörper dagegen fliegen in geringer Höhe und sind ferngesteuert.
Nach Angaben des südkoreanischen Generalstabs flogen die mutmaßlichen Marschflugkörper rund 150 Kilometer, bevor sie ins Ostmeer stürzten, das auch als Japanisches Meer bekannt ist. Zudem hätten mehrere nordkoreanische Kampfflugzeuge Luft-Boden-Raketen abgefeuert.
Der Test von Kurzstreckenwaffen sei eine bewusste Entscheidung gewesen, sagte der Experte Go Myong Hyun vom Asan Institute for Policy Studies in Seoul der Nachrichtenagentur AFP. Die Führung in Pjöngjang habe noch nicht über ihre künftige Position im internationalen Atomstreit entschieden, sagte er. Sie schwanke noch "zwischen Provokation und Dialog" und agiere deshalb äußerst "vorsichtig": "Sie feuert Raketen ab, um die Spannungen anzuheizen, geht dabei aber nicht zu weit".
Die Atomverhandlungen zwischen Pjöngjang und Washington liegen seit einem gescheiterten Gipfeltreffen zwischen Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un und US-Präsident Donald Trump im Februar vergangenen Jahres auf Eis. Das international weitgehend isolierte Nordkorea steht wegen seines Atom- und Raketenprogramms unter strikten US- und UN-Sanktionen.
Kim hatte nach einem Moratorium für Atomversuche und Tests von Interkontinentalraketen vergeblich auf eine Aufhebung von Sanktionen gehofft. Zu Jahresbeginn hatte Kim dann angekündigt, sich nicht mehr an das Moratorium zu halten.
Am Mittwoch feiert Nordkorea den 108. Geburtstag von Kims Großvater, Staatsgründer Kim Il Sung, und Südkorea wählt ein neues Parlament. Gleichzeitig wird die Welt von der Corona-Pandemie in Atem gehalten, der nach offiziellen Angaben bereits mehr als 117.000 Menschen zum Opfer gefallen sind. Nordkorea hingegen hat nach eigenen Angaben "nicht einen einzigen Fall" einer Infektion.
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