Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) ѡ , Siegfried Russwurm, am Dienstag in Berlin. Zudem wachse der Abstand zur Weltwirtschaft. Das ZEW in Mannheim meldete leicht verbesserte Konjunkturerwartungen der befragten Expertinnen und Experten - die aktuelle Lage wird aber unverändert als schlecht eingeschätzt.
Der BDI geht in diesem Jahr für Deutschland von einem Wachstum von nur 0,3 Prozent aus, während die Weltwirtschaft um 2,9 Prozent zulegen werde. Im Vergleich zu den meisten anderen großen Industriestaaten falle Deutschland weiter zurück. "Eine Chance auf einen raschen Befreiungsschlag 2024 sehen wir nicht", erklärte Russwurm.
Erst am Montag hatte das Statistische Bundesamt Konjunkturdaten für 2023 veröffentlicht. Demnach schrumpfte das deutsche Bruttoinlandsprodukt im vergangenen Jahr um 0,3 Prozent, während für EU und Eurozone 2023 statt eines Rückgangs ein Anstieg um 0,6 Prozent erwartet wird.
In Deutschland habe sich die Politik "in eine Komplexitätsfalle manövriert", das koste Vertrauen und führe zu Verunsicherung bei Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürgern. Dadurch fehle auch "jede verlässliche Kalkulationsbasis für Investitionen", beklagte der BDI. Zum Lichtblick könne die Zinspolitik der Zentralbanken werden - spürbare Effekte möglicher Zinssenkungen in der Realwirtschaft werde dies aber erst ab Frühjahr 2025 auslösen.
Auf die Zinspolitik der Zentralbanken verwies auch das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. Die Konjunkturerwartungen von Finanzexpertinnen und -experten verbesserten sich demnach leicht, der Index stieg in der Januar-Umfrage um 2,4 Punkte auf 15,2 Punkte an. Der Optimismus hängt laut ZEW vor allem damit zusammen, dass mittlerweile über die Hälfte der Befragten baldige Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank erwartet.
Die aktuelle konjunkturelle Lage bewerten die Expertinnen und Experten allerdings als nahezu unverändert schlecht: Sie sank in der aktuellen Umfrage noch einmal um 0,2 Punkte auf nun minus 77,3 Punkte. Das ZEW fragt für den Index monatlich Expertinnen und Experten aus Banken, Versicherungskonzernen und Finanzabteilungen von Großunternehmen nach ihren Einschätzungen zu wichtigen internationalen Finanzmarktdaten, die Aufschluss über die weitere Konjunkturentwicklung geben.
Auch das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung veröffentlichte am Dienstag seinen Konjunkturindikator für den Jahresbeginn. Demnach sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal 2024 schrumpft, zwar etwas, sie bleibt aber mit fast 57 Prozent auf hohem Niveau.
Zwar seien nun Zinssenkungen angesichts der schwachen Konjunktur und der erwarteten Rückgänge bei der Inflation "absolut angebracht", erklärte das IMK. Doch auch rasche Entscheidungen der Europäischen Zentralbank in diese Richtung würden ihre Wirkung "erst mit Verzögerung entfalten".
hcy/pe © Agence France-Presse