Um 04.17 Uhr versammelten sich Familien und Freunde unter anderem im Stadtzentrum von Antakya, dem früheren Antiochia, das zu 90 Prozent zerstört wurde.
Zu diesem Zeitpunkt war der Süden der Türkei am 6. Februar 2023 von einem heftigen Erdstoß erschüttert worden. Politiker wurden ausgebuht und angeschrien.
Angehörige errichteten kleine Altäre auf dem Boden und legten Kerzen und Rosen nieder, wo die Häuser standen, unter denen Familienmitglieder verschüttet wurden.
"Ich habe nicht das Gefühl, dass es vor einem Jahr war, für mich war es gestern", sagte die 44-jährige Eda Boz, die aus der Hauptstadt Ankara zu der Gedenkveranstaltung angereist war. "In diesem Gebäude lebten meine Freunde aus der Kindheit, Schulfreunde. Wir kannten uns alle", sagte sie mit Tränen in den Augen vor einem Wohnhaus, das wie Tausende andere innerhalb von Sekunden eingestürzt war.
Kurzzeitig kam es auch zu Spannungen zwischen der Polizei und den Angehörigen. Die Beamten wollten den Familien den Zugang zu dem Gelände verwehren, hinderten sie schließlich jedoch nicht daran.
Später wurde Gesundheitsminister Farhettin Koca, der eine Rede halten wollte, ausgebuht. Die Bevölkerung der Provinz Hatay, in der Antakya liegt, hat eine mangelnde Unterstützung angesichts der Katastrophe beklagt. Wut schlug auch dem sozialdemokratischen Bürgermeister von Antakya, Lütfü Savas, entgegen: Er wurde angeschrien und zum Rücktritt aufgefordert.
Auch andernorts wurde der Opfer der Katastrophe gedacht. In Kahramanmaras weiter im Norden, rund 50 Kilometer vom Epizentrum des Erdbebens entfernt, fand eine ähnliche Gedenkveranstaltung statt. "65 Sekunden, die wie eine Ewigkeit waren", erklärte die türkische Hilfsorganisation Afad im Onlinedienst X, ehemals Twitter.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der später am Dienstag in Kahramanmaras erwartet wurde, erklärte ein einer frühmorgendlichen Botschaft in Sozialen Medien: "Solche Katastrophen und solches Leid sind Wendepunkte, an denen die Stärke der Einheit, Solidarität und Brüderlichkeit der Nationen auf die Probe gestellt wird."
"Wir werden unsere Arbeit fortsetzen, bis unsere Städte wieder aufgebaut sind und der letzte Bürger, dessen Haus zerstört oder unbrauchbar gemacht wurde, in ein sicheres Zuhause gebracht wird", schrieb Erdogan. Die türkische Regierung sieht sich seit der Katastrophe immer wieder Unmut ausgesetzt.
"Ein Jahr ist vergangen und die Stadt liegt immer noch in Trümmern", sagte der 19 Jahre alte Student Esat Gül aus Antakya, der nicht auf Erdogans Aussage vertraut. "Ich habe keine große Hoffnung mehr für die Zukunft."
Bundesinnenministerin
Nancy Faeser (SPD) erklärte nach Angaben ihres Ministeriums, in
Gedanken bei den Opfern und Hinterbliebenen zu sein. Hinter jedem von
ihnen stünden Schicksale, Trauer und Not, die bis heute nachwirkten.
"Allen, die unter dem Einsatz ihres Lebens geholfen haben, gilt mein
tiefer Dank." *
Dem Ministerium zufolge stellte die Bundesregierung rund 240 Millionen Euro Erdbebenhilfen bereit. Das THW lieferte demnach zudem mehr als 650 Tonnen Hilfsgüter, darunter Zelte, Heizgeräte und Decken.
Durch das Erdbeben waren laut im Vorfeld des Jahrestages veröffentlichten neuen Zahlen in der Türkei 53.537 Menschen ums Leben gekommen, fast 39.000 Häuser wurden zerstört. Das Beben erschütterte auch das Nachbarland Syrien, wo fast 6000 Menschen starben. Es handelte sich weltweit um das Erdbeben mit den meisten Toten seit 1970, als bei einem Erdstoß in Peru 67.000 Menschen ums Leben kamen.
mhe/ma © Agence France-Presse
LeserMeinung: Wer soll das noch verstehen? Das wir mit dem THW helfen ist klar, aber mit so viel Geld? Was ist denn mit den 240 Millionen passiert? Wahrscheinlich versickert! Mir kommen Bedenken. Wobei: F16 können die Türken kaufen und wir zahlen den Wideraufbau? Das ist falsch verstandene Hilfe!
Karl-Heinz Bothe
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