Die Auswirkungen des russischen Überfalls auf die Ukraine vor knapp zwei Jahren haben Deutschland wirtschaftlich stark belastet. Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), teilte der "Rheinischen Post" vom Mittwoch mit, dass die wirtschaftlichen Kosten für Deutschland nach zwei Jahren Ukraine-Krieg voraussichtlich über 200 Milliarden Euro liegen werden. Dies sei vor allem auf die gestiegenen Energiepreise zurückzuführen.
"Insbesondere die hohen Energiekosten haben das deutsche Wachstum im Jahr 2022 um 2,5 Prozentpunkte oder 100 Milliarden Euro und seitdem bis heute um eine ähnliche Größenordnung reduziert", erklärte der Leiter des DIW gegenüber der Zeitung. Diese Zahlen repräsentierten jedoch lediglich die "direkten finanziellen Kosten". Darüber hinaus würden weitere Kosten durch die "sich verschärfenden geopolitischen und geoökonomischen Konflikte, insbesondere mit China", entstehen. Diese würden vor allem Exportunternehmen stark beeinträchtigen, erklärte Fratzscher.
Die "Rheinische Post" zitierte auch aus einer noch nicht veröffentlichten Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die besagt, dass der Ukraine-Krieg Deutschland bisher etwa 240 Milliarden Euro gekostet hat. Die Studie zeigt, dass die Ausfälle im Jahr 2022 bei etwa 100 Milliarden Euro lagen und im Jahr 2023 wieder auf über 140 Milliarden Euro stiegen. Allerdings würden auch die Folgen der Corona-Pandemie in diesen Jahren weiterhin wirken, wodurch eine genaue Abgrenzung der Auswirkungen des Ukraine-Kriegs schwierig sei, erklärte IW-Forscher Michael Grömling.
Für die Berechnungen verglich Grömling laut "Rheinischer Post" die tatsächliche Entwicklung mit einem hypothetischen Szenario ohne Ukraine-Krieg. Wenn man die Auswirkungen der Pandemie und der geopolitischen Entwicklungen seit Anfang 2020 zusammenrechne, ergebe sich ein Wachstumsverlust von insgesamt vier Prozent der Wirtschaftsleistung. Dies bedeute einen Konsumrückgang von über 400 Milliarden Euro für die Jahre 2020 bis 2023, was einer Konsumeinbuße pro Einwohner von etwa 4800 Euro entspricht.
Laut Fratzscher treffen die Kosten des Ukraine-Kriegs insbesondere Menschen mit niedrigen Einkommen hart, da sie eine "zwei- bis dreimal höhere Inflation als Menschen mit hohen Einkommen" erleben. "Der deutsche Staat unterstützt vor allem energieintensive Unternehmen mit massiven Subventionen, während Menschen mit geringem Einkommen ihre Ausgaben stark reduzieren müssen", so Fratzscher gegenüber der "Rheinischen Post".
Die aktuelle konjunkturelle Entwicklung in Deutschland bereitet weithin Sorge. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bezeichnete die Lage in der vergangenen Woche als "dramatisch schlecht" und kündigte an, dass die Regierung ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr von 1,3 Prozent auf lediglich 0,2 Prozent senken wird.
Der russische Überfall auf die Ukraine jährt sich am Samstag zum zweiten Mal.
OZD.news