Zum zweiten Jahrestag der russischen Invasion in der Ukraine haben die USA neue massive Sanktionen gegen Moskau verkündet. Die Maßnahmen richten sich gegen mehr als 500 Einzelpersonen und Einrichtungen und betreffen unter anderem den Rüstungssektor, das Netzwerk zur Drohnen-Beschaffung und das Zahlungssystem Mir ѡ, wie die US-Regierung am Freitag mitteilte.
Betroffen sind auch drei Führungskräfte des Strafvollzugssystems, die mit der Inhaftierung des gestorbenen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny befasst waren.
Das US-Finanzministerium sprach von dem größten Sanktionspaket seit den nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine am 24. Februar 2022 verhängten Maßnahmen. Die neuen Sanktionen würden dafür sorgen, dass Kreml-Chef Wladimir Putin "einen noch höheren Preis für seine Aggression (in der Ukraine) und seine Unterdrückung im eigenen Land zahlt", erklärte US-Präsident Joe Biden.
Er kündigte an, die USA würden den Druck auf die russische "Kriegsmaschinerie" aufrechterhalten. "Wenn Putin nicht den Preis für den Tod und die Zerstörung zahlt, die er verbreitet, wird er weitermachen", mahnte Biden.
Das betroffene Mir-Kreditkartensystem hatte Russland eingeführt, um nicht von US-basierten Zahlungssystemen abhängig zu sein. Die Sanktionen richten sich gegen das Unternehmen NSPK, das Mir betreibt und der russischen Zentralbank gehört. Nach Angaben des US-Finanzministeriums spielt Mir eine "Schlüsselrolle" in Finanztransaktionen innerhalb Russlands und zwischen Russland und dem Ausland. Mir helfe Russland dabei, die Sanktionen zu umgehen.
Zielscheibe der neuen Strafmaßnahmen sind auch mehrere Investmentfonds und Regionalbanken. Die Maßnahmen sollten "den Kern von Russlands Finanzstruktur" treffen, erklärte das US-Finanzministerium. Betroffen sind den Angaben zufolge auch Akteure in mehreren Kontinenten, die Russland bei der Umgehung der Sanktionen helfen.
Die Sanktionen bedeuten, dass mögliche Vermögenswerte im Besitz oder unter Kontrolle der Betroffenen in den USA blockiert werden. Zudem werden US-Bürgern und anderen Bürgern, die sich in den USA aufhalten, alle Geschäfte mit den Sanktionsbetroffenen untersagt.
Auch die EU hatte in dieser Woche eine weitere Verschärfung der Strafmaßnahmen gegen Russland verkündet, auch sie will unter anderem der russischen Armee die Beschaffung ausländischer Drohnen erschweren.
Biden teilte zudem mit, er habe sein Team angewiesen, die Unterstützung
"für die Zivilgesellschaft, die unabhängigen Medien und all jene, die
sich rund um den Globus für Demokratie einsetzen", zu verstärken. Am
Donnerstag hatte der US-Präsident nach Angaben des Weißen Hauses in San
Francisco Nawalnys Witwe Julia und Tochter Dascha Nawalnaja getroffen
und ihnen "sein tief empfundenes Beileid" ausgesprochen. Biden hat Putin
für den Tod Nawalnys in einer Strafkolonie in der Arktis verantwortlich
gemacht.
Seit der russischen Invasion in der Ukraine haben die USA, die EU und weitere Länder bereits zahlreiche Sanktionen verhängt, um die russische Militärindustrie zu schwächen und die russischen Einnahmen aus dem Verkauf von Öl und Gas zu verringern. Unter anderem wurde ein Preisdeckel für russisches Rohöl in Kraft gesetzt. US-Finanzministerin Janet Yellen befand am Freitag, als Folge zeigten "Russlands Wirtschaft und militärisch-industrielle Basis klare Zeichen der Schwäche".
Allerdings sind die Wirkungen der westlichen Sanktionen bislang begrenzt. So wuchs die russische Wirtschaft im vergangenen Jahr um drei Prozent, und auch für dieses Jahr wird ihr ein Wachstum vorhergesagt. Bei den Kämpfen in der Ukraine erzielte die russische Armee zuletzt Geländegewinne.
Die ukrainische Armee leidet unter anderem unter Munitionsknappheit und ist dringend auf neue Hilfen aus dem Ausland angewiesen. In Washington wird jedoch ein neues Ukraine-Hilfspaket in Höhe von 60 Milliarden Dollar (rund 55,7 Milliarden Euro) auf Geheiß von Ex-Präsident Donald Trump, der im November erneut zur Wahl antreten will, seit Monaten von den oppositionellen Republikanern im Kongress blockiert.
Am Freitag appelliert Biden deshalb erneut an den Kongress, die Gelder freizugeben: "Die Geschichte schaut zu. Das Versäumnis, die Ukraine in diesem kritischen Moment zu unterstützen, wird nicht vergessen werden", warnte er.
Beiyi Seow und Shaun Tandon / © Agence France-Presse