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In der Hoffnung auf Lebensmittel ...

Mehr als hundert Tote und hunderte Verletzte bei Ankunft von Hilfslieferungen in Gaza

Bei der Ankunft von Hilfslieferungen in der Stadt Gaza ist es am Donnerstag zu dramatischen Szenen mit mehr als hundert Toten und hunderten Verletzten gekommen. Zu den Ursachen für die vielen Opfer gab es widersprüchliche Angaben. Die radikalislamische Hamas machte israelische Soldaten verantwortlich. Von israelischer Seite wurden Schüsse bestätigt, zugleich hieß es, einige Opfer seien von den Lastwagen zerquetscht oder niedergetrampelt worden.

Der Sprecher des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, Aschraf al-Kudra, sprach von einem "Massaker" in der Nähe eines Kreisverkehrs im Westen der Stadt Gaza. 104 Menschen seien getötet und mehr als 750 weitere verletzt worden. 

In der Hoffnung auf Lebensmittel war dort am frühen Donnerstagmorgen eine Menschenmenge zusammengeströmt. Nach Angaben von Augenzeugen und den Gesundheitsbehörden der Hamas eröffneten israelische Soldaten, die den Hilfskonvoi schützen sollten, das Feuer auf die Menschenmenge, die den rund 30 ankommenden Lastwagen entgegenstürmte. 

Aus israelischen Sicherheitskreisen wurde bestätigt, dass Soldaten Schüsse abfeuerten, weil sie davon ausgingen, dass von der Menge in der Nähe der Lastwagen "eine Bedrohung ausging".

Ein Sprecher des Büros des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sagte, viele der Toten seien von den Lastwagen zerquetscht worden. "Die Hilfstransporter wurden überwältigt von Menschen, die plündern wollten, und die Fahrer pflügten durch die Menschenmenge, töteten schließlich Dutzende Menschen", sagte der Sprecher Avi Hyman. 

Ein Zeuge sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Lastwagen voller Hilfsgüter seien einigen Armeepanzern, die sich in der Nähe befanden, zu nahe gekommen, und die Menge, tausende Menschen, stürmte einfach auf die Lastwagen zu. "Die Soldaten feuerten auf die Menge, als die Menschen den Panzern zu nahe kamen", sagte der Zeuge. 

Ein israelischer Armeevertreter sagte, tausende Bewohner hätten die Lastwagen umzingelt, in dem Gedränge seien Dutzende Menschen verletzt und getötet worden, einige seien von Lkw umgefahren worden. Dann hätten einige Lastwagen ihren Weg fortgesetzt und "Dutzende" Zivilisten seien darauf zugerannt und hätten sich damit in die Nähe israelischer Soldaten begeben. Diese hätten Warnschüsse abgegeben und dann "das Feuer eröffnet", sagte der Militärvertreter weiter. "Es handelte sich um begrenzte Schüsse ... kein massives Ereignis aus unserer Sicht", fügte er hinzu.

Die israelische Armee sprach von "Dutzenden Toten und Verletzten", die von der Menge umgestoßen oder niedergetrampelt worden seien. Wieviele Schüsse sie abgab, teilte sie nicht mit.

Der UN-Koordinator für humanitäre Angelegenheiten, Martin Griffiths, zeigte sich empört über die vielen Toten und Verletzten bei dem Versuch, humanitäre Hilfe zu verteilen: "Das Leben schwindet in erschreckender Geschwindigkeit aus dem Gazastreifen", erklärte er im Onlinedienst X, früher Twitter.

US-Präsident Joe Biden ging davon aus, dass der Vorfall die Verhandlungen über eine Waffenruhe erschweren werde. "Ich weiß, dass dies der Fall sein wird", antwortete er auf eine entsprechende Frage. Die US-Regierung prüfe derzeit die "unterschiedlichen Versionen" des Vorfalls.

Vor Reportern in Washington sagte Biden, die Feuerpause zwischen der israelischen Armee und der radikalislamischen Hamas werde "wahrscheinlich nicht bis Montag" kommen. Zu Beginn der Woche hatte er die Hoffnung auf eine Feuerpause ab kommenden Montag geweckt.

Die Regierung des Golfemirats Katar hatte in dieser Woche als Ziel genannt, dass die Waffenruhe vor dem Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan in Kraft tritt. Der Ramadan beginnt in diesem Jahr am 10. oder 11. März. Katar gehört neben den USA und Ägypten zu den Vermittlern in den Verhandlungen über eine Waffenruhe.

Der Gaza-Krieg dauert nunmehr seit fast fünf Monaten an. Ausgelöst wurde er durch den Großangriff der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober, bei dem hunderte Hamas-Kämpfer Gräueltaten vorwiegend an Zivilisten verübten.

ck/ma

Adel Zaanoun und Robbie Corey-Boulet / © Agence France-Presse