Das Geschäftsklima im deutschen Wohnungsbau hat im Februar einen neuen Tiefststand erreicht. Nach Angaben des Münchner Ifo-Instituts fiel der Wert im vergangenen Monat auf minus 61,9 Punkte, nach minus 60,7 Punkten im Januar. "Der Wohnungsbau sieht derzeit nirgendwo einen Hoffnungsschimmer", erläuterte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe am Donnerstag die Lage. Branchenverbände forderten Steuererleichterungen und "weniger kostspielige Anforderungen" an Neubauten.
Laut Ifo ist mehr als jedes zweite Unternehmen im Wohnungsbau mit der aktuellen Lage unzufrieden und auch die Erwartungen sind gering. Zuletzt berichteten gut 56 Prozent der Betriebe von einem Auftragsmangel, nach 52,5 Prozent im Januar. Bei den Stornierungen gab es einen Anstieg auf 17,7 Prozent. Einige Unternehmen versuchten der Auftragsschwäche mit Preissenkungen etwas entgegenzusetzen, erklärte das Ifo.
Der Zentralverband des deutschen Baugewerbes warnte vor einem noch drastischeren Einbruch beim Wohnungsbau. "Wenn sich an den Rahmenbedingungen nichts Grundsätzliches ändert, könnte die Anzahl neuer Wohnungen schon 2025 unter 200.000 fallen", sagte Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
In diesem Jahr geht die Branche demnach von rund 235.000 fertiggestellten Wohnungen aus, das wären noch einmal rund 25.000 weniger als im Vorjahr. Die Bundesregierung hatte sich ursprünglich zum Ziel gesetzt, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen.
Die Regierung sei zwar um Lösungen bemüht, brauche aber zu lange, kritisierte Pakleppa. "Insbesondere auf die so wichtige degressive Abschreibung warten Investoren und Hausbauer schon seit über einem halben Jahr." Mit dem Instrument könnten Baufirmen zu Beginn schneller steuerliche Abschreibungen machen. Das würde Investitionen anreizen.
Auch der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) sieht "bedauerlicherweise noch nicht die Talsohle. Noch geht es weiter bergab". BFW-Präsident Dirk Salewski forderte ein Umdenken: "Es muss uns gelingen, Wege zu eröffnen für kostengünstigere Neubauten." Nach dem heute geltenden Baurecht müssten beim Wohnungsbau eine Menge an technischen Reglungen und Standards beachtet werden, "ohne Rücksicht darauf, ob und in welchem Umfang diese wirklich notwendig sind". Oft könnte ohne jede Einschränkung bei der späteren Nutzung einfacher und damit auch erheblich billiger gebaut werden.
Der BFW vertritt rund 1600 Mitgliedsunternehmen, die für 50 Prozent des Wohnungsneubaus in Deutschland stehen. Mit 3,1 Millionen Wohnungen verwalten sie nach Verbandsangaben rund 14 Prozent des gesamten vermieteten Wohnungsbestands in Deutschland.
Zum Rückgang von Bauvorhaben führen auch die hohen Baukosten: Im vergangenen Jahr waren die meisten Baumaterialien deutlich teurer als 2021, dem Jahr vor der Energiekrise, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte.
Zement war fast 56 Prozent teurer, Fliesen fast 40 Prozent, Fensterrahmen aus Kunststoff um knapp 19 Prozent und Fensterglas fast 27 Prozent. Beim Innenausbau verteuerten sich Parkettböden binnen zwei Jahren um 30 Prozent, Tapeten um 28 Prozent, Farben um 19 Prozent. Günstiger wurden Baumaterialien aus Holz.
ilo/hcy © Agence France-Presse
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