Nach seinem Sieg bei der Präsidentschaftswahl hat Kreml-Chef Wladimir Putin die Menschen in Russland aufgefordert, sich nicht "einschüchtern" zu lassen. Den Tod von Oppositionsführer Alexej Nawalny bezeichnete Putin in der Nacht zum Montag als "traurigen Vorfall", er bestätigte zudem die Idee eines Gefangenenaustauschs. Die Protestaktionen während der Wahl, zu denen die Opposition aufgerufen habe, hätten "keine Auswirkung" auf die Wahl gehabt.
Putin trat als klarer Wahlsieger in seiner Wahlkampfzentrale auf: Wie die staatliche Nachrichtenagentur RIA Nowosti unter Berufung auf die Wahlbehörden berichtete, kommt er nach Auszählung der Stimmen aus 99 Prozent der Wahllokale auf 88,33 Prozent und steht damit vor einer weiteren sechsjährigen Amtszeit.
Putins Sieg galt von vornherein als ausgemacht. Alle bekannteren Kritiker des Kreml-Chefs sind entweder tot, inhaftiert oder im Exil. "Was Herrn Nawalny angeht. Ja, er ist gestorben. Dies ist ein trauriger Vorfall", sagte Putin bei einer Pressekonferenz, die vom Staatsfernsehen übertragen wurde. Dabei nannte Putin seinen Widersacher erstmals seit Jahren öffentlich beim Namen.
Putin sagte zudem, er sei kurz vor dem Tod Nawalnys zu einem Gefangenenaustausch bereit gewesen. Einige Tage vor Nawalnys Tod hätten ihm einige Kollegen gesagt, dass es die Idee gebe, Nawalny gegen einige Leute auszutauschen, die in westlichen Ländern im Gefängnis sitzen. "Ich habe gesagt: 'Ich bin einverstanden'", sagte Putin und ergänzte: "Es gab nur eine Bedingung: Wir wollten ihn austauschen, damit er nicht zurückkommt." Nawalny war Mitte Februar unter ungeklärten Umständen in einem Straflager gestorben.
Putin bedankte sich bei seinen Landsleuten für "die Unterstützung und das Vertrauen". "Egal wie sehr sie uns einschüchtern wollen, egal wie sehr sie uns unterdrücken wollen - so etwas ist in der Geschichte noch nie jemandem gelungen", beschwor Putin die Einheit des Landes. "Es hat jetzt nicht funktioniert und wird auch in Zukunft nicht funktionieren. Niemals." In der Ukraine seien die russischen Truppen klar im Vorteil.
Trotz Drohungen der Behörden mit harten Strafen hatte es am Rande der Wahl einzelne Protestaktionen gegeben, laut der Bürgerrechtsorganisation OWD-Info wurden dabei mindestens 80 Menschen festgenommen. Die Behörden meldeten Festnahmen wegen "Vandalismus". Demnach gossen Menschen in Wahllokalen grünen Farbstoff in Wahlurnen, zudem zündeten Wähler bei der Stimmabgabe Molotowcocktails oder Feuerwerkskörper.
Putin sagte, die Protestaktionen hätten "keine Auswirkung" auf die Wahl gehabt. Die Behörden würden sich jedoch mit denjenigen "befassen", "die ihre Stimmzettel zerstört haben".
In mehreren europäischen Hauptstädten hatten sich am Sonntagmittag lange Schlangen vor den Wahllokalen in russischen Botschaften gebildet. Die Witwe Nawalnys, Julia Nawalnaja, hatte Putin-Gegner aufgerufen, als Zeichen des Protests mittags in Massen in die Wahllokale zu strömen und für Putins Gegenkandidaten zu stimmen oder Stimmzettel mit der Aufschrift "Nawalny" ungültig zu machen.
Nawalnaja selbst gab ihre Stimme in der russischen Botschaft in Berlin ab, wo Anhänger sie mit Blumen und Applaus begrüßten. Auch sie schrieb nach eigenen Angaben den Namen ihres Mannes auf den Stimmzettel.
Auch in mehreren russischen Städten waren um die Mittagszeit lange Schlangen vor Wahllokalen zu beobachten. "Ich bin gekommen um zu zeigen, dass wir viele sind, dass es uns gibt, dass wir keine unbedeutende Minderheit sind", sagte der 19-jährige Student Artem Minasjan vor einem Wahllokal im Zentrum von Moskau. Auf Nawalnys Grab auf einem Moskauer Friedhof lagen Stimmzettel mit seinem Namen darauf auf einem Berg von Blumen.
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