Julian Nagelsmann hat sich festgelegt: Manuel Neuer erhält den Vorzug vor Marc-André ter Stegen und hütet bei der Heim-EM im Sommer das deutsche Tor. Damit beendet der Bundestrainer die Debatte um die Nummer 1, bevor diese richtig Fahrt aufgenommen hat. Das war in der Vergangenheit nicht immer so. Ein Überblick:
1962 - Wolfgang FAHRIAN gegen Hans TILKOWSKI
Tilkowski erhält vor der WM in Chile die Rückennummer 1 und fliegt mit dem sicheren Gefühl nach Südamerika, dort das deutsche Tor zu hüten. Als ihm Bundestrainer Sepp Herberger am Vorabend des Auftaktspiels gegen Italien plötzlich mitteilt, dass er auf das 20 Jahre alte Talent Fahrian von Zweitligist Ulm setzen werde, wirft "Til" wütend mit Stühlen, tritt aus der DFB-Auswahl zurück und verlangt die Aushändigung seines Reisepasses sowie ein Rückflug-Ticket. Beides wird ihm verwehrt, sein nächstes Länderspiel bestreitet er aber erst im Januar 1964. Bei der WM 1966 ist Tilkowski sicherer Rückhalt, das legendäre "Wembley-Tor" im Finale gegen England (2:4 n.V.) verhindert er jedoch nicht.
1986 - Uli STEIN gegen Toni SCHUMACHER
Stein ist von 1983 an die Nummer zwei hinter Europameister Schumacher, will sich mit dieser Rolle aber nicht abfinden. Bei der WM 1986 in Mexiko eskaliert der Konkurrenzkampf, als Stein Teamchef Franz Beckenbauer in Anlehnung an dessen frühere Werbespots ("Kraft in den Teller, Knorr auf den Tisch") als "Suppenkasper" verhöhnt und nach Hause geschickt wird. Der bis dahin überragende Schumacher hält im Finale gegen Diego Maradonas Argentinien (2:3) nach eigenen Angaben "wie ein Arsch" und fliegt wenige Monate später wegen seines Skandalbuchs "Anpfiff" selbst aus der Nationalmannschaft.
1988 - Bodo ILLGNER gegen EIKE IMMEL
Immel wird 1980 mit 19 Jahren der jüngste Torhüter der DFB-Elf, nach Schumachers Rauswurf ist er die Nummer 1, auch bei der Heim-EM 1988. Im ersten Spiel nach dem Halbfinal-Aus gegen die Niederlande (1:2) setzt Teamchef Beckenbauer auf den jungen Illgner - und Immel tritt umgehend zurück. Er habe auf die Diskussionen "keine Lust mehr", sagt er. Jahre später spricht er von einem Fehler und einer "Kurzschlussreaktion", mit seinem Nachfolger Illgner im Tor wird Deutschland 1990 Weltmeister.
2006 - Jens LEHMANN gegen Oliver KAHN
Kahn muss sich hinter Europameister Andreas Köpke lange gedulden, ehe er zum Stammkeeper, Kapitän und besten Torhüter der Welt aufsteigt. Doch Jürgen Klinsmann nimmt ihm schon vor seinem Debüt als Bundestrainer 2004 die Binde weg und stellt seinen Status als Nummer 1 in Frage. Wenig später ersetzt er Kahns Vertrauen, Torwarttrainer Sepp Maier, durch Köpke. "Klinsmann will Kahn fertig machen", ätzt Maier. Das Fernduell mit Lehmann schwelt, bis Klinsmann zwei Monate vor der Heim-WM bei einer eilig anberaumten Medienrunde ausgerechnet in Münchner verkündet: Lehmann ist die Nummer 1! Alle rechnen mit einem Rücktritt von Kahn, doch der gibt klaglos den Ersatz und darf beim Sommermärchen im Spiel um Platz drei ein letztes Mal für Deutschland ran.
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Biographie einer Konkurrenz
Der Wettbewerb um die Position des Stammtorhüters in der deutschen Fußballnationalmannschaft zwischen Manuel Neuer und Marc-André ter Stegen ist ein Thema, das in den letzten Jahren intensiv diskutiert wurde. Beide Torhüter zählen zu den besten der Welt, haben aber sehr unterschiedliche Karrierewege eingeschlagen.
Manuel Neuer, geboren am 27. März 1986, hat seine Karriere bei Schalke 04 begonnen und wechselte 2011 zum FC Bayern München. Mit seiner außergewöhnlichen Spielweise, die nicht nur herausragende Reflexe im Tor, sondern auch ein exzellentes Spiel mit dem Ball am Fuß umfasst, hat er sich als einer der besten Torhüter der Welt etabliert. Neuer hat mit Bayern München zahlreiche Titel gewonnen, darunter mehrere Bundesliga-Meisterschaften und die UEFA Champions League. International wurde er 2014 mit Deutschland Weltmeister. Durch seine Erfolge und seine Rolle als langjähriger Kapitän der Nationalmannschaft etablierte sich Neuer als erste Wahl im deutschen Tor.
Marc-André ter Stegen, geboren am 30. April 1992, begann seine Profikarriere beim deutschen Club Borussia Mönchengladbach, bevor er 2014 zum FC Barcelona wechselte. Bei Barcelona hat ter Stegen sich ebenfalls als einer der führenden Torhüter der Welt etabliert, bekannt für seine hervorragenden Paraden, sein Spielverständnis und seine Fähigkeiten im Umgang mit dem Ball. Wie Neuer hat auch ter Stegen mit seinem Club zahlreiche Titel gewonnen, darunter die La Liga und die UEFA Champions League.
Die Konkurrenz zwischen Neuer und ter Stegen um die Position des Stammtorhüters in der Nationalmannschaft entbrannte vor allem, als ter Stegen öffentlich seine Unzufriedenheit über seine Rolle als Nummer zwei hinter Neuer äußerte. Dies führte zu Diskussionen in den Medien und unter Fans über die Frage, wer von beiden die bessere Wahl für die Nationalmannschaft sei. Während Neuer für seine Erfahrung und Führungsqualitäten geschätzt wird, argumentieren einige, dass ter Stegens Fähigkeiten und Form ihn zur idealen Wahl machen würden.
Bundestrainer haben im Laufe der Jahre unterschiedlich auf diese Konkurrenzsituation reagiert, wobei Neuer meist als Stammtorhüter bevorzugt wurde, insbesondere aufgrund seiner Erfahrung und seines Beitrags zum Weltmeistertitel 2014. Allerdings wurde ter Stegen immer wieder die Möglichkeit gegeben, sein Können in Freundschaftsspielen und bei Turnieren, wenn Neuer nicht verfügbar war, unter Beweis zu stellen.
Diese Rivalität hat nicht nur zu einer Debatte über die beiden Torhüter geführt, sondern auch dazu beigetragen, das Niveau im deutschen Torwartspiel hochzuhalten. Beide Spieler haben durch ihren Wettbewerb gezeigt, wie wichtig es ist, ständig an sich zu arbeiten und sich weiterzuentwickeln, um auf höchstem Niveau zu konkurrieren. Während Neuer aufgrund seines Alters und seiner langen Karriere möglicherweise nicht mehr viele Jahre auf höchstem Niveau spielen wird, scheint ter Stegen bereit zu sein, die Fackel zu übernehmen, wenn die Zeit reif ist.
Die Konkurrenz zwischen Manuel Neuer und Marc-André ter Stegen ist ein Beispiel dafür, wie zwei Weltklasse-Torhüter um die höchsten Ehren im Fußball kämpfen können, während sie gleichzeitig Respekt und Bewunderung füreinander behalten.
Bild oben AFP