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LWL: Bereits über 50 Festangestellte durch "Flexpool"

Arbeiten, wann man will - Interview mit Yvonne Auclair von der der LWL-Klinik Dortmund.

Dortmund - (lwl) -  Auch die LWL-Klinik Dortmund ist vom Fachkräftemangel betroffen. Vor allem in der Pflege sind Arbeitskräfte rar. Die Klinik hat deshalb im vergangenen Jahr ein besonderes Angebot ins Leben gerufen und damit bereits 52 neue Beschäftigte gewonnen.

Seit November 2023 gibt an der Klinik des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) den sogenannten Flexpool: Er ermöglicht es allen Interessierten, die Arbeitszeit selbst zu bestimmen. So sollen zusätzliche Beschäftigte gewonnen werden, die sonst durch private oder berufliche Umstände in kein Arbeitszeitmodell passen würden.

Die neuen Möglichkeiten haben in wenigen Monaten schon viele Menschen überzeugt: Über 400 Bewerbungen und 52 neue Festangestellte, die 34 Vollzeitkräften entsprechen, zählt Pflegedirektorin Yvonne Auclair.

Frau Auclair, haben Sie mit einem so großen Erfolg gerechnet?
Jein. Ich habe von anderen Krankenhäusern gehört, die in weniger zentralen Orten das Angebot machenvorhalten und Erfolg hatten. Aber man sieht auch die Marktlage und denkt, wo sollen die Fachkräfte denn herkommen. Jetzt zeigt sich, es gibt sie. 

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Warum benötigen Sie die Hilfe eines Flexpools?
Auch die LWL-Klinik Dortmund kämpft mit Personalnotstand. Zusätzlich mussten wir in den vergangenen zwei Jahren mehr als 70 Stellen durch Kapazitätserweiterung und in diesem Jahr nochmal mehr als 50 Vollzeitkräfte in der Pflege aufbauen. 

Wie sind Sie auf die Idee des Flexpools gekommen?
Ich hatte bereits vor einigen Jahren von dem Flexpool-Konzept bei einem Vortrag in einem Krankenhaus in Neuss gehört und war begeistert. Als sich bei uns die Situation immer weiter zuspitzte, starteten wir das Projekt Flexpool mit einer darauf spezialisierten niederländischen Firma, die seit einigen Jahren auch in Deutschland tätig ist. In den Niederlanden hat quasi jede Einrichtung im sozialen Bereich dieses Angebot. Dort geht es nur darum: Wer hat den besten Flexpool. Und da sind die Flexpools, die durch diese Firma aufgebaut wurden, eben am erfolgreichsten. 

Wer hat sich hauptsächlich bei Ihnen beworben?
Etwa drei Viertel der Bewerber:innen entsprechen unserem Qualifikationsprofil und bringen eine Ausbildung als Gesundheits- und Krankenpfleger:in bzw. Altenpfleger:in mit. Etwa ein Viertel sind Pflegeassistent:innen oder -helfer:innen. Die vermitteln wir dann gerne weiter an unser Pflegezentrum auf dem Campus. 

Machen sich die neu gewonnenen Arbeitskräfte bereits im Klinikalltag bemerkbar?

Wir stehen ja gerade erst am Anfang. Unsere Werbekampagne startete Anfang November 2023. Es gingen direkt sehr viele Bewerbungen ein, aber die Leute haben natürlich Kündigungsfristen und müssen zunächst bei uns eingearbeitet werden. Es werden jetzt monatlich immer mehr dazukommen. Bis die Stationen eine wirkliche Entlastung spüren, wird es jedoch noch einige Monate dauern.

Ein Flexpool benötigt auch eine gute Organisation. In Dortmund kümmern sich drei Mitarbeitende ausschließlich darum. Lohnt sich der Aufwand?
Absolut! Das Flexbüro ist seit dem Start der Werbekampagne beinahe überrannt worden von den Anfragen, sodass wir zwischenzeitlich sogar unsere Online-Werbeaktivität stark reduzieren mussten. Unser Anspruch ist, dass wir umgehend nach der Kontaktaufnahme durch Interessent:innen mit ihnen in Verbindung treten. Zu langes Abwarten kommt bei Bewerber:innen nicht gut an. Sie orientieren sich in der Zwischenzeit womöglich woanders hin.

Wie lange kümmert sich das Flex-Büro um die neuen Mitarbeitenden?
Auch wenn das Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, möchten wir eine niederschwellige und wertschätzende Kommunikation zwischen den Flexpooler:innen und dem Flex-Büro aufrechterhalten. Wir nennen es liebevoll das "Kümmer-Büro", da das Team seine Aufmerksamkeit voll und ganz den Flexpool-Beschäftigten widmen kann. Die Bewerber:innen melden uns auch aktiv zurück, dass sie sich gut aufgenommen fühlen. Sie bekommen eine hervorragende Einarbeitung und für die Planung ist immer die Leitung oder die Disponentin erreichbar. Durch schlechte Betreuung würde man die neuen Mitarbeitenden wieder verlieren.

Wie sorgen Sie neben der persönlichen Betreuung dafür, dass die neuen Kolleg:innen gut in der LWL-Klinik ankommen und bleiben?
Wir setzen auf eine positive Willkommenskultur. Das sagt sich so leicht, aber das war ein sehr aufwendiger Vorbereitungsprozess. Denn jede, absolut jede, Pflegefachperson muss verinnerlicht haben, dass die einzuarbeitenden Flexpooler:innen nicht nur Mehrarbeit im Sinne der Anleitung bedeuten, sondern, dass es sich bei ihnen um zukünftige Kolleg:innen handelt, die ihr schon bald Arbeit abnehmen werden. Wir haben für jede Station das bereits existierende Einarbeitungskonzept für die Flexpooler:innen angepasst.

Haben Sie auch schon Rückmeldungen von den Stationen? Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Kolleg:innen aus dem Flexpool?
Wir haben bisher ja nur Erfahrung in der Einarbeitungsphase machen können. Ich bekomme sowohl von den Beschäftigten auf den Stationen als auch von den Flexpooler:innen sehr positive Rückmeldungen. 

Ist die LWL-Klinik Dortmund mit dem Flexpool ein Vorreiter in der Region?

Ja, das sind wir. Es gibt andere Einrichtung in der Umgebung, die auch mit einem Flexpool werben. Jedoch unterscheiden sich deren Bemühungen deutlich von unseren. Wir haben mit einem ungeheuer großen Aufwand systemisch flexibilisiert und den Prozess quer durch die Organisation implementiert.


Hintergrund: Flexpool der LWL-Klinik Dortmund

Väter und Mütter in Elternzeit, Rentner:innen, Menschen, die Angehörige pflegen, ein zeitintensives Hobby haben, studieren oder bereits einen anderen Teil- oder Vollzeitjob ausfüllen, den sie fortführen möchten - das alles sind Menschen, die sich durch den neuen "Flexpool" der LWL-Klinik Dortmund angesprochen fühlen könnten. Wenn sie die fachlichen Voraussetzungen mitbringen, sagen sie, wann und wie viel sie arbeiten können und werden dementsprechend im Rahmen ihrer Wunschdienste auf unterschiedlichen Stationen eingesetzt. Eben dort, wo gerade eine Pflegefachkraft fehlt. Die Flexpool-Mitarbeitenden werden ebenfalls fest angestellt und nach Tarif bezahlt, haben Urlaubsansprüche und bekommen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Die Organisation übernehmen drei Mitarbeitende der Klinik, die sich ausschließlich um den Flexpool kümmern.
https://www.flexpool-psychiatrie.de/de


LWL-Klinik Dortmund

Foto: LWL - Yvonne Auclair, Pflegedirektorin der LWL-Klinik Dortmund

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