Köln - (ots) - Ukrainischer Geheimdienst-Chef spricht über russische Frühjahrsoffensive
Kyrylo Budanow, Direktor des Militärnachrichtendienstes der Ukraine (HUR), rechnet für Ende Mai mit einer weiteren russischen Offensive. Die Lage an der Front sei weiter schwierig. Auch deshalb bekräftigt Budanow im Exklusiv-Interview mit dem ARD-Studio Kiew ukrainische Hoffnungen auf die Lieferung von deutschen Taurus-Marschflugkörpern.
“Wir erwarten im späten Frühjahr, Anfang Sommer eine Intensivierung der russischen Offensivaktionen. Vor allem auf dem Gebiet des Donbas”, sagt Budanow im Exklusiv-Interview mit ARD-Korrespondent Vassili Golod in Kiew. “Sie werden etwas näher an Tschasiw Jar vordrängen. Sie werden sich in Richtung der Stadt Pokrowsk bewegen, in die strategische Richtung Pokrowsk.”
Bis zum Beginn dieser russischen Offensive rechne er nicht mit starken Veränderungen an der Front. “Die Lage ist ziemlich schwierig, aber sie ist unter Kontrolle.”
Anzeige
Tschechische Initiative: Munition noch nicht da
Aktuell benötige die Ukraine besonders dringend “zusätzliche Mengen an Artilleriesystemen, zusätzliche Mengen an Munition”, sagt Budanow. Auf Initiative Tschechiens haben sich verschiedene EU-Staaten, darunter Deutschland, zusammengetan, um auf dem Weltmarkt hunderttausende Artilleriegranaten einzukaufen. Auf Nachfrage, ob dieser Munitionsnachschub an der Front bereits zu spüren sei, sagt Budanow: “Das sehe ich noch nicht.”
Der HUR-Direktor bekräftigt zudem ukrainische Hoffnungen auf Lieferungen von Marschflugkörpern des Typs “Taurus” aus Deutschland. “Der Taurus würde unser Leben sicherlich einfacher machen”, sagt Budanow. “Um Kommandozentralen zu treffen, um einige sehr wichtige Ziele zu treffen, ist es eine ausgezeichnete Waffe”.
Krim-Brücke bleibt Ziel: “Alle arbeiten an diesem Thema.”
Unter Beteiligung von Budanow konnte die Ukraine in den vergangenen Monaten Ölplattformen im Schwarzen Meer zurückerobern und mit systematischen Angriffen die russische Schwarzmeerflotte auf der Krim erfolgreich zurückdrängen.
Um den russischen Nachschub zu unterbrechen, bleibe auch die Brücke von Kertsch ein wichtiges Ziel: “Die Brücke wird schwer bewacht und verteidigt. Aber alle arbeiten an diesem Thema.”
Gefangenenaustausch: Ukraine unterstützt Papst-Vorschlag
Kyrylo Budanow, der auf ukrainischer Seite am Austausch von Kriegsgefangenen beteiligt ist, begrüßt die Oster-Initiative von Papst Franziskus, alle russischen Gefangenen für alle Ukrainischen auszutauschen. “Ich unterstütze das voll und ganz. Lasst es uns tun. Es bleibt nur eine Kleinigkeit: Russland zu überreden.” Im Moment erkenne er auf russischer Seite kein Interesse an einer solchen Aktion.
Budanow berichtet zudem, dass nicht mehr die Türkei der zentrale Vermittler beim Austausch von Kriegsgefangenen sei, sondern die Vereinigten Arabischen Emirate.
Budanow dementiert Beteiligung der Ukraine an Anschlägen
Dass Russland die Ukraine ohne irgendwelche Beweise mit dem Terroranschlag auf die Crocus City Hall bei Moskau in Verbindung bringt, bezeichnet Budanow als “absolut absurde Anschuldigung” bei der es darum gehe den Hass auf die Ukraine im eigenen Land noch weiter zu festigen.
Eine Beteiligung der Ukraine an der Sprengung der Nord-Stream-Pipelines dementiert der HUR-Chef ebenfalls: “Ich bin mir mehr als sicher, dass keiner der Offiziellen in der Ukraine irgendetwas damit zu tun haben könnte, nicht einmal physisch. Und ich weiß mit Sicherheit, dass solche Befehle nicht an irgendeinen Dienst gegeben wurden.”
Das Exklusiv-Interview mit Kyrylo Budanow finden Sie in voller Länge auf tagesschau.de unter folgendem Link: https://www.tagesschau.de/ausland/ukraine-geheimdienstchef-interview-100.html
WDR Westdeutscher Rundfunk
Foto: ARD-Studio Kiew
Anzeige