"Ich denke, was er macht, ist ein Fehler. Ich bin mit seinen Ansatz nicht einverstanden", sagte Biden dem spanischsprachigen US-Sender Univision über Netanjahu.
Der US-Präsident hat Israel im Krieg gegen die Hamas bislang durchgehend unterstützt, unter anderem mit Rüstungslieferungen. Allerdings hat Biden angesichts der humanitären Not im Gazastreifen zuletzt immer deutlichere Kritik an der israelischen Kriegsführung geübt und Druck auf Netanjahu ausgeübt, auf eine Waffenruhe hinzuwirken, für den Schutz der Zivilbevölkerung und humanitärer Helfer zu sorgen und mehr Hilfslieferungen in das Palästinensergebiet zu ermöglichen.
Am vergangenen Donnerstag machte Biden auch erstmals deutlich, dass die weitere US-Unterstützung für Israel im Gazakrieg von solchen Maßnahmen abhängt. Die israelische Regierung willigte daraufhin in die Öffnung weiterer Grenzübergänge für Hilfslieferungen ein. Auch kündigte die israelische Armee an, sich aus der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens zurückziehen zu wollen.
An seinen Plänen für eine Militäroffensive in der Stadt Rafah an der Grenze des Gazastreifens zu Ägypten hält Netanjahu jedoch trotz heftiger Kritik der US-Regierung sowie anderer westlicher Verbündeter fest.
Seit dem Wochenende verhandeln Israel und die Hamas erneut unter Vermittlung der USA, Ägyptens und Katars in Kairo über eine Feuerpause sowie die Freilassung von Geiseln, die die Hamas nach ihrem Großangriff auf Israel am 7. Oktober in den Gazastreifen verschleppt hatte.
Biden appellierte in dem am Dienstag ausgestrahlten Interview an Netanjahu, eine Waffenruhe abzuschließen, und in den kommenden sechs bis acht Wochen einen "vollständigen Zugang" für internationale Lieferungen von Nahrungsmitteln und Medikamenten an die Bevölkerung des Gazastreifens zu ermöglichen.
Allerdings äußerte sich Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan am Dienstag wenig zuversichtlich über die Verhandlungen in Kairo. Die jüngsten diesbezüglichen öffentlichen Erklärungen der Hamas seien "nicht gerade ermutigend" gewesen, sagte Sullivan. Die Radikalislamisten hatten mitgeteilt, sie prüften einen Entwurf für eine Feuerpause, die später in einen dauerhaften Waffenstillstand münden solle. Die Hamas erklärte aber auch, Israel sei auf keine ihrer Forderungen eingegangen.
Der Krieg im Gazastreifen war durch den beispiellosen Großangriff der Hamas auf Israel ausgelöst worden, bei dem nach israelischen Angaben etwa 1170 Menschen getötet sowie rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bisher mehr als 33.300 Menschen getötet.
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