Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel auch mit möglicher Einflussnahme aus Russland auf die Europawahl befasst. "Wir dürfen nicht naiv sein, was vor unseren Augen passiert", warnte Belgiens Regierungschef Alexander de Croo am Mittwoch. Die Behörden in Belgien und Tschechien ermitteln wegen des Verdachts auf russische Bestechung von Europaabgeordneten auch aus den Reihen der AfD.
Es sei Zeit für "neue europäische Maßnahmen zur Bekämpfung feindlicher russischer Aktivitäten", heißt es in einem Schreiben von de Croo und dem tschechischen Regierungschef Petr Fiala an ihre EU-Kollegen. Sie wollen sich demnach für einen Einsatz der EU-Staatsanwaltschaft und der Anti-Betrugsbehörde einsetzen.
Die tschechische Regierung hatte Ende März die Enttarnung eines von Moskau finanzierten Propaganda-Netzwerks bekannt gegeben, das die in Prag ansässige Internetseite "Voice of Europe" nutze, um in der EU Stimmung gegen die Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland zu machen. Auch die belgischen Behörden kündigten in der vergangenen Woche Ermittlungen an.
"Wir können nicht zulassen, dass Russland mit einem so eklatanten Angriff auf unsere demokratischen Grundsätze und Institutionen davonkommt", erklärten die beiden Regierungschefs weiter. Es sei eindeutig, dass die russische Regierung die Europawahlen beeinflussen und pro-russische Politiker im Europaparlament stärken wolle.
Parlamentspräsidentin Roberta Metsola sagte, das Parlament werde mit den Behörden zusammenarbeiten, damit die Wahlen "nicht irgendwelchen Versuchen der Einmischung zum Opfer fallen". Gerade in der hektischen Phase des Wahlkampfs wenige Wochen vor den Wahlen müsse die EU "sehr, sehr vorsichtig sein".
Im Zusammenhang mit "Voice of Europe" soll nach Informationen der tschechischen Zeitung "Denik N" auch Geld an Politiker aus Deutschland, Belgien, Frankreich, Polen, Ungarn und den Niederlanden geflossen sein. Die belgische Regierung hatte bekannt gegeben, dass nach Geheimdiensterkenntnissen mehrere Europaabgeordnete Geld erhalten hätten, um "russische Propaganda" zu befördern.
In Deutschland steht insbesondere der AfD-Bundestagsabgeordnete und Kandidat für die Europawahl, Petr Bystron, im Verdacht, Geld aus Russland erhalten zu haben. Mehrere Medien hatten berichtet, Bystron habe Geld aus einem mit "Voice of Europe" zusammenhängenden pro-russischen Netzwerk erhalten. Bystron wies die Anschuldigungen zurück.
Belgien und Tschechien fordern nun einen Einsatz der EU-Behörden. Zu prüfen sei, ob die Befugnisse der Europäischen Staatsanwaltschaft EPPO und der Anti-Betrugsbehörde Olaf ausreichend seien, um in dem Fall zu ermitteln.
jhm/pe/ju Jana HEMMERSMEIER und Peter EßER / © Agence France-Presse
Wie unterwandert man einen Staat?
Politische Unterwanderung bezeichnet den Prozess, bei dem Personen, Gruppen oder Staaten gezielt in politische Strukturen eines Landes oder einer Organisation eindringen, um Einfluss zu nehmen, Kontrolle zu erlangen oder diese Strukturen von innen heraus zu schwächen oder zu manipulieren. Dies kann mit dem Ziel geschehen, politische Entscheidungen zu beeinflussen, bestimmte politische oder ideologische Ziele zu fördern oder die Stabilität und Integrität des politischen Systems zu untergraben.
Was sind die Methoden der politischen Unterwanderung?
Die Methoden der politischen Unterwanderung können vielfältig sein und sowohl offene als auch verdeckte Taktiken umfassen:
Infiltration politischer Parteien oder Bewegungen: Personen oder Gruppen, die von einer externen oder internen Macht gesteuert werden, können versuchen, in Schlüsselpositionen innerhalb politischer Parteien oder Bewegungen zu gelangen, um deren Politik und Entscheidungen zu beeinflussen.
Einflussnahme auf politische Entscheidungsträger: Durch Lobbyarbeit, Bestechung oder Erpressung können Akteure versuchen, Politiker direkt zu beeinflussen, um Entscheidungen zu ihren Gunsten zu steuern.
Propaganda und Desinformation: Die Verbreitung falscher oder irreführender Informationen ist eine häufige Methode, um öffentliche Meinungen zu manipulieren, politische Gegner zu diskreditieren und gesellschaftliche Spaltungen zu fördern.
Gründung oder Unterstützung von Frontorganisationen: Bestimmte Akteure können Organisationen gründen oder unterstützen, die als normal oder harmlos erscheinen, tatsächlich aber dazu dienen, spezifische politische Agenden zu fördern.
Manipulation von Wahlen: Dies kann durch die Beeinflussung von Wahlverfahren, das Hacking von Wahltechnologie oder das Säen von Misstrauen in die Integrität des Wahlprozesses erfolgen.
Ziele der politischen Unterwanderung
Die Ziele der politischen Unterwanderung können variieren, je nachdem, wer die Akteure sind und was sie erreichen möchten. Einige häufige Ziele umfassen:
Änderung der politischen Ausrichtung eines Landes: Dies kann aus ideologischen Gründen oder zur Förderung nationaler Interessen geschehen.Destabilisierung oder Schwächung eines politischen Systems: Ziel kann es sein, ein System so zu destabilisieren, dass es anfälliger für Übernahmen oder externe Einflüsse wird.Erlangung von wirtschaftlichen Vorteilen: Politische Kontrolle oder Einfluss kann genutzt werden, um wirtschaftliche Politiken zu beeinflussen, die bestimmten Unternehmen, Sektoren oder Ländern zugutekommen.Beispiele und Bedeutung
Historisch gesehen wurden viele Länder zu verschiedenen Zeiten von politischer Unterwanderung betroffen. Während des Kalten Krieges war dies besonders verbreitet, als die USA und die Sowjetunion versuchten, in verschiedenen Teilen der Welt Einfluss zu gewinnen, oft durch Unterwanderung politischer Bewegungen und Regierungen.
Politische Unterwanderung bleibt ein ernstes Sicherheitsrisiko für viele Staaten und kann die demokratischen Grundlagen einer Gesellschaft untergraben. Daher ist es wichtig, Maßnahmen zur Bekämpfung solcher Taktiken zu implementieren, einschließlich der Stärkung der Transparenz, der Sicherheit von Wahlsystemen und der öffentlichen Bewusstseinsbildung über die Gefahren der politischen Unterwanderung.
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