Berlin - (ots) -
- Zu unverbindlich, zu lasch und zu viele Ausnahmen: Mehrwegvorgaben und Einweg-Verbote der EU-Verpackungsverordnung in Deutschland voraussichtlich wirkungslos
- Verbindliches Abfallvermeidungsziel und Recycling-Förderung wichtiger Schritt, aber viel zu spät
- DUH fordert von Umweltministerin Lemke kurzfristige nationale Maßnahmen, allen voran Abgabe auf Einweg-Plastikflaschen und Wegwerfgeschirr
Anzeige
Die EU-Verpackungsverordnung wird nach ihrer Verabschiedung am Mittwoch, den 24. April, kaum dazu beitragen, die Müllberge in Deutschland zu reduzieren. Insbesondere die Verbote bestimmter Verpackungen und Vorgaben zur Mehrwegförderung werden nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) weitestgehend wirkungslos bleiben. Denn wirklich verboten werden nur dünne Plastikbeutel für Obst und Gemüse sowie kleinteilige Verpackungen in der Gastronomie oder Hotellerie. Eine Ausnahmeregelung für kleine Gastronomiebetriebe führt zudem dazu, dass schätzungsweise mehr als 60 Prozent der Verkaufsstellen in Deutschland nicht vom Einweg-Plastikverbot beim Vor-Ort-Verzehr betroffen sind. Die beschlossenen Mehrwegquoten sind teilweise unverbindlich und zu niedrig angesetzt - vor allem aber lässt das Gesetz auch hier viele Ausnahmen zu. Eine davon ist passgenau auf den Einweg-Discounter Lidl zugeschnitten: Zu einer Gruppe gehörige Unternehmen können miteinander ihre Mehrwegquoten verrechnen. So könnte sich der Discounter Lidl das Mehrwegangebot von Kaufland gutschreiben lassen, anstatt selbst Mehrweg anzubieten.
Die DUH fordert Bundesumweltministerin Lemke auf, schnellstmöglich mit nationalen Maßnahmen nachzusteuern. Dazu zählt insbesondere eine Lenkungsabgabe auf Einweg-Plastikflaschen und Wegwerfgeschirr.
Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH: "Umweltministerin Lemke kann sich nicht hinter der verwässerten EU-Verpackungsverordnung verstecken. Die geplante EU-weite Mehrwegangebotspflicht für to-go-Verpackungen gilt hier bereits seit anderthalb Jahren - ohne signifikante Wirkung. Auch die beschlossene Mehrwegquote von 10 Prozent für Getränkeverpackungen liegt weit unter den aktuell in Deutschland erreichten 42 Prozent, von den 70 Prozent im Verpackungsgesetz ganz zu schweigen. Das ist das klare Signal an Steffi Lemke: Abfallvermeidung bleibt eine nationale Aufgabe! Wir fordern sie auf, Mehrweg schnellstmöglich durch bundesweite Maßnahmen durchzusetzen, allen voran eine Abgabe auf Einweg-Plastikflaschen sowie Einweggeschirr. In Tübingen hat die kommunale Verpackungssteuer ihre Wirksamkeit bereits eindrucksvoll bewiesen."
Anzeige
Insgesamt ist die Fokussierung der EU-Verordnung auf Kunststoff ein Problem. Die DUH kritisiert insbesondere, dass Einwegverpackungen aus Pappe und Papier weitestgehend außen vor gelassen werden. So wird Einweg einfach durch Einweg aus anderem Material ersetzt. In der Gastronomie werden viele dem Beispiel von McDonald's folgen und auf Einweg-Pappe umstellen. Am Ende verringert sich so der Abfall nicht.
Positiv bewertet die DUH die Einführung eines verbindlichen Abfallvermeidungsziels für Verpackungen. Auch die Festlegungen zur Recyclingfähigkeit von Verpackungen sowie zum Rezyklateinsatz begrüßt der Umwelt- und Verbraucherschutzverband grundsätzlich, kritisiert jedoch viel zu lange Fristen zur Zielerreichung.
"Dass die Recyclingfähigkeit von Kunststoffverpackungen verpflichtend wird, ist ein wichtiger Schritt. Allerdings sollen Verpackungen mit weniger als 80 Prozent Recyclingfähigkeit erst ab 2038 vom Markt genommen werden. Das ist eindeutig zu spät und unvereinbar mit den anspruchsvollen Rezyklateinsatzquoten, die bereits 2030 erreicht werden müssen. Umweltministerin Lemke muss jetzt handeln und nicht-recycelte Plastikverpackungen durch ein Fondsmodell und die Umlage der EU-Plastiksteuer auf verantwortliche Unternehmen finanziell unattraktiv machen. Viele Recycling-Unternehmen stehen bereits heute wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand. 2030 könnte es viele von ihnen nicht mehr geben", warnt Thomas Fischer, DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft.
Deutsche Umwelthilfe e.V.
Anzeige