Im Jahr 2012 wurden noch 90 Fälle von Essstörungen pro 10.000 Versicherte verzeichnet, doch bis 2022 stieg diese Zahl auf 139 Fälle an.
Laut der KKH können Schönheitstrends, die über soziale Medien verbreitet werden, erheblichen psychischen Druck auf Jugendliche ausüben und Selbstzweifel fördern, die schließlich zu psychischen Erkrankungen wie Essstörungen führen können. Besonders die Coronapandemie scheint tiefgreifende Auswirkungen auf die Psyche von Teenagerinnen gehabt zu haben. Von 2019 bis 2022 verzeichnete die KKH in dieser Altersgruppe einen Anstieg der Essstörungen um 38 Prozent.
Im Jahr 2022 war die Prävalenz von Essstörungen unter 12- bis 17-jährigen Mädchen im Vergleich zu gleichaltrigen Jungen etwa viermal so hoch, mit 38 Fällen pro 10.000 Versicherte. Eine Schätzung der KKH ergab, dass insgesamt etwa 455.000 Menschen in Deutschland aufgrund von Magersucht, Bulimie oder Binge Eating ambulant behandelt wurden.
Die Studie legt nahe, dass eine intensive Nutzung sozialer Medien das Risiko für Körperunzufriedenheit, Bodyshaming und die daraus resultierenden Essstörungen erhöht. Dies könnte den signifikanten Anstieg der Fälle während der Pandemie erklären, da Kinder und Jugendliche in dieser Zeit verstärkt Plattformen wie Instagram und TikTok nutzten.
Jugendliche, die bereits psychische Probleme haben oder ein geringes Selbstwertgefühl aufweisen, sind besonders gefährdet für Essstörungen. Alarmzeichen sind unter anderem, wenn Jugendliche übermäßig viel Zeit für ihr Aussehen aufwenden, plötzlich geliebte Hobbys aufgeben und sich übermäßig mit sozialen Medien beschäftigen. Weitere Warnsignale umfassen sozialen Rückzug, Gewichtsveränderungen sowie auffälliges Essverhalten wie eine eingeschränkte Nahrungsauswahl, Erbrechen oder die Einnahme von Abführmitteln.
Für den Bericht wurden anonymisierte Daten von KKH-Versicherten der Jahre 2012 sowie von 2019 bis 2022 analysiert. Anorexia nervosa, eine Störung, bei der Betroffene bis zu lebensbedrohlichem Untergewicht hungern, und Bulimia nervosa, bei der ein starker Zwang besteht, das Körpergewicht zu kontrollieren, sind zwei Formen von Essstörungen. Bei der Bulimie erbrechen Betroffene nach Essattacken und nehmen Abführmittel. Die Binge-Eating-Störung ist durch wiederkehrende, unkontrollierbare Essattacken gekennzeichnet, die oft zu starkem Übergewicht oder Adipositas führen.
OZD.news Bild AFP
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Welche Essstörungen gibt es?
Essstörungen sind schwerwiegende psychische Störungen, die durch anhaltende Essgewohnheiten gekennzeichnet sind, welche die Gesundheit, Emotionen und die Fähigkeit zu funktionieren in erheblichem Maße beeinträchtigen. Sie betreffen Menschen aller Altersgruppen, Geschlechter und Hintergründe. Hier sind einige der am häufigsten diagnostizierten Essstörungen:
Anorexia Nervosa: Diese Störung ist durch extrem eingeschränkte Nahrungsaufnahme und eine intensive Angst vor Gewichtszunahme gekennzeichnet, oft verbunden mit einem verzerrten Körperbild. Personen mit Anorexie sehen sich oft als übergewichtig, auch wenn sie stark untergewichtig sind.
Bulimia Nervosa: Bulimie beinhaltet Episoden von Essattacken gefolgt von kompensatorischen Verhaltensweisen, um eine Gewichtszunahme zu vermeiden, wie selbstinduziertes Erbrechen, Missbrauch von Abführmitteln oder übermäßige körperliche Betätigung. Personen mit Bulimie können normalgewichtig sein, was die Störung weniger offensichtlich macht.
Binge-Eating-Störung (BES): Diese Störung ist gekennzeichnet durch regelmäßige Episoden von übermäßigem Essen, oft schnell und bis zu einem unangenehmen Völlegefühl, ohne anschließende kompensatorische Maßnahmen wie bei Bulimie. Dies führt häufig zu Übergewicht oder Adipositas.
Pica: Pica ist eine Essstörung, die das Essen von Gegenständen beinhaltet, die keine Nahrung sind und keinen Nährwert haben, wie z.B. Haare, Erde oder Farbe. Dieses Verhalten kann zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen.
Ruminationsstörung: Diese seltene Störung tritt auf, wenn Menschen wiederholt ihr gekautes und geschlucktes Essen regurgitieren, dies erneut kauen und wieder schlucken oder ausspucken. Es handelt sich nicht um eine bewusste Verhaltensweise und tritt oft kurz nach dem Essen auf.
Vermeidungs-/Restriktive Nahrungsaufnahme-Störung (ARFID): ARFID geht über normale wählerische Essgewohnheiten bei Kindern hinaus. Betroffene haben wenig Interesse am Essen oder meiden Nahrung mit bestimmten sensorischen Eigenschaften (z.B. Farbe, Textur), ohne dass die Furcht vor Gewichtszunahme im Vordergrund steht. Dies kann zu ernährungsbedingten Mängeln und Gewichtsverlust führen.
Orthorexie: Obwohl nicht offiziell als Essstörung anerkannt, beschreibt Orthorexie eine ungesunde Besessenheit von gesundem Essen. Personen mit Orthorexie sind extrem fokussiert auf die Qualität der Nahrung, was oft zu sozialer Isolation und emotionalen Problemen führt.
Essstörungen sind ernstzunehmende Gesundheitszustände, die eine professionelle Behandlung benötigen. Therapien können Ernährungsberatung, Psychotherapie und in manchen Fällen Medikamente umfassen. Die Unterstützung durch Familie und Freunde spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der Erholung.
Was kann man dagegen tun?
Die Behandlung von Essstörungen erfordert oft einen multidisziplinären Ansatz, da sie sowohl physische als auch psychologische Aspekte umfasst. Hier sind einige wichtige Schritte und Behandlungsmöglichkeiten, die bei der Bewältigung von Essstörungen helfen können:
1. Professionelle Hilfe suchen
Die Beteiligung von Fachleuten wie Psychologen, Psychiatern, Ernährungsberatern und Allgemeinmedizinern ist entscheidend. Sie können eine angemessene Diagnose stellen und einen spezifischen Behandlungsplan entwickeln, der auf die Bedürfnisse des Einzelnen zugeschnitten ist.
2. Psychotherapie
Psychotherapeutische Behandlungen wie die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) sind oft wirksam bei der Behandlung von Essstörungen. Sie helfen Betroffenen, schädliche Gedanken- und Verhaltensmuster zu erkennen und zu ändern, die mit ihrer Störung zusammenhängen.
3. Medikamentöse Therapie
In einigen Fällen können Medikamente wie Antidepressiva helfen, die Symptome von Essstörungen zu lindern, insbesondere wenn sie mit Angststörungen oder Depressionen verbunden sind. Die Verwendung von Medikamenten sollte immer unter ärztlicher Aufsicht stehen.
4. Ernährungsberatung
Ein qualifizierter Ernährungsberater kann individuelle Mahlzeitenpläne erstellen und dazu beitragen, gesunde Essgewohnheiten zu entwickeln. Dies ist besonders wichtig, um sicherzustellen, dass der Körper alle notwendigen Nährstoffe erhält.
5. Gruppentherapie und Unterstützungsgruppen
Teilnahme an Gruppentherapiesitzungen oder Unterstützungsgruppen kann Betroffenen helfen, sich weniger isoliert zu fühlen. Der Austausch von Erfahrungen und Strategien zur Bewältigung der Störung kann sehr unterstützend und ermutigend sein.
6. Familientherapie
Da Familienbeziehungen oft eine Rolle in der Dynamik von Essstörungen spielen, kann Familientherapie dazu beitragen, das Verständnis und die Unterstützung innerhalb der Familie zu verbessern, was für die Erholung entscheidend sein kann.
7. Langfristige Überwachung
Da Essstörungen oft rezidivierend sind, ist eine langfristige Überwachung und Nachsorge wichtig, um Rückfälle zu vermeiden. Regelmäßige Termine bei Gesundheitsdienstleistern helfen, den Fortschritt zu überwachen und den Behandlungsplan bei Bedarf anzupassen.
8. Aufbau von Selbstmanagement-Fähigkeiten
Betroffene lernen, Bewältigungsstrategien und Techniken zur Stressreduktion zu entwickeln, die ihnen helfen, mit Herausforderungen umzugehen, die ihre Essstörung verschlimmern könnten.
9. Aufklärung und Prävention
Aufklärung über Essstörungen kann helfen, das Bewusstsein und das Verständnis zu erhöhen, sowohl für die Betroffenen selbst als auch für ihre Familien und die breitere Gemeinschaft. Dies ist entscheidend, um die Stigmatisierung zu verringern und den Zugang zur Unterstützung zu erleichtern.
Die Behandlung von Essstörungen ist oft ein langer und herausfordernder Prozess, aber mit der richtigen Unterstützung und den passenden Interventionen können Betroffene wirksame Wege zur Erholung finden.
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