Auch in der Corona-Zeit plant der Umweltverband BUND neue Protestaktionen gegen die Inbetriebnahme des umstrittenen Kohlekraftwerks Datteln IV. Neben Online-Protesten sei auch eine Mahnwache anlässlich der am 20. Mai geplanten Hauptversammlung des Betreibers Uniper angemeldet, sagte Dirk Jansen vom BUND Nordrhein-Westfalen am Dienstag in Berlin. Der Umweltverband forderte auch grundsätzlich die Bundesregierung auf, unter dem Vorwand der Pandemie Kohleausstieg und Energiewende nicht weiter zu verzögern.
Auch wenn natürlich die Eindämmung des Coronavirus derzeit im Vordergrund stehe, sei auf längere Sicht "die globale Klimakrise eine noch größere existenzielle Bedrohung", hob Jansen hervor. Er verwies auf die sich aktuell bereits für dieses Jahr abzeichnende Dürre, die auf die Erderwärmung zurückzuführen sei.
Trotz der Dringlichkeit gebe es aber bisher keine Anzeichen dafür, dass die Koalition das Kohleausstiegsgesetz noch vor der Sommerpause verabschieden werde, kritisierte der BUND. Damit bestehe die Gefahr, dass bis Jahresende kein einziges Kohlekraftwerk vom Netz gehen werde, warnte die Energieexpertin der Organisation, Juliane Dickel. Ohnehin sähen die Pläne der Bundesregierung einen um 134 Millionen Tonnen höheren CO2-Ausstoß vor als die ebenfalls unzureichenden Empfehlungen der Kohlekommission, sagte der Energieexperte Pao-Yu Oei von der TU Berlin und der Forschungsgruppe Coal Exit.
Auch beim Ausbau erneuerbarer Energien gehe es nicht voran. Um das Ziel der Regierung zu erreichen, den Anteil des Ökostroms am Energiemix bis 2030 auf 65 Prozent zu erhöhen, müsse der Ausbau deutlich verstärkt werden, mahnte Oei. Tatsächlich wäre aus wissenschaftlicher Sicht jedoch mindestens ein Anteil von 75 Prozent notwendig. Dafür müssten bis 2030 Kapazitäten von zehn Gigawatt zusätzlichem Solarstrom und sechs Gigawatt zusätzlichem Online-Windstrom installiert werden. Derzeit stockt der Ökostromausbau unter anderem aufgrund politischer Hindernisse durch die Bundesregierung.
Im Fall Datteln IV setzt der BUND neben den angekündigten Protesten auch auf den Rechtsweg. Jansen verwies auf mehrere gegen das Kraftwerk anhängige Klagen, darunter allein drei des BUND. Der Umweltverband befürchtet, dass - trotz von der Bundesregierung in Aussicht gestellter Kompensationen - bei einer Inbetriebnahme des Kraftwerks die CO2-Emissionen um 40 Millionen Tonnen ansteigen würden.
Hoffnungen setzen die Umweltschützer auf die finnische Regierung und den Uniper-Mutterkonzern, den staatseigenen finnischen Energieversorger Fortum. Vera Kauppinen von Friends of the Earth Finnland wies darauf hin, dass der Betrieb von Datteln IV nicht mit der ehrgeizigen Klimaschutzpolitik der finnischen Regierung unter Ministerpräsidentin Sanna Marin vereinbar sei.
Auch finnische Umweltschützer wollten daher Druck ausüben, um ein Einlenken zu erreichen. Finnland selbst plant den Kohleausstieg bis 2029, Datteln IV könnte dagegen bis nach 2030 am Netz bleiben. Oei kritisierte eine Inbetriebnahme der Anlage neben Klimaeffekten auch als "falsches politisches Signal".
bk/ilo
© Agence France-Presse
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